Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU, Archivbild)
epd-bild/Meike Boeschemeyer
Diese Zahl treibt Entwicklungsminister Müller um: Bis 2050 könnte sich die Bevölkerung Afrikas auf mehr als 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Damit dies nicht zu neuen Fluchtbewegungen nach Europa führt, müsse Brüssel handeln.
08.08.2018

Deutschland will die Bemühungen Afrikas zum Aufbau einer kontinentalen Freihandelszone stärker unterstützen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sieht dabei auch Europa in der Pflicht. Er dringt auf permanente EU-Strukturen, die den Fokus auf Afrika legen. In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch) sagte der Minister: "Wir müssen dem Kontinent einen neuen Stellenwert einräumen - auch politisch." Er setze sich dafür ein, auf EU-Ebene einen Afrikakommissar zu benennen, bei dem alle Fäden einer Afrikapolitik zusammenlaufen. Zudem bedürfe es eines EU-Afrika-Rats, der regelmäßig tage.

Vor allem in der Handelspolitik müsse sich Europa bewegen. "Meine wichtigste Forderung in Richtung Brüssel: Öffnet die Märkte für alle afrikanische Güter", sagte Müller. Landwirtschaftliche Produkte müssten zoll- und quotenfrei nach Europa eingeführt werden können. Er verwies darauf, dass die EU-Importe aus Afrika in den vergangenen Jahren um fast 40 Prozent zurückgegangen seien. "Der europäische Markt ist faktisch gesperrt", kritisierte der Minister.

Der CSU-Politiker kündigte an, dass er sich in den zwei Jahren bis zur deutschen Ratspräsidentschaft 2020 für einen neuen EU-Afrika-Vertrag einsetzen wolle, in dessen Zentrum die Handelspolitik stehen soll. Brüssel habe noch nicht erkannt, dass die Zeichen der Zeit neue Schwerpunkte erforderten, kritisierte er. Von 2021 bis 2027 seien im EU-Haushalt 370 Milliarden Euro für Agrarzahlungen in der EU vorgesehen. Dagegen seien es für die gesamte europäische Afrikapolitik lediglich 39 Milliarden Euro.

Rohstoffe wie Platin, Kobalt, Diamanten und Gold

Im Juli waren die Chancen für eine afrikanische Freihandelszone weiter gestiegen, als während eines Gipfels der Afrikanischen Union (AU) in Mauretanien die Zahl der Unterzeichner einer Freihandels-Vereinbarung auf 49 der 55 Mitgliedsstaaten stieg - darunter ist nun auch das wirtschaftlich starke Südafrika. Das ölreiche Nigeria allerdings blieb weiterhin außen vor. In Länder außerhalb des Kontinents exportieren afrikanische Staaten in erster Linie Erdöl sowie Rohstoffe wie Platin, Kobalt, Diamanten und Gold.

Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau der womöglich größten Freihandelszone der Welt mit Maßnahmen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor. Von 2016 bis 2019 erhalten demnach beide Organisation dafür insgesamt fünf Millionen Euro. Sie beraten die Kommission der Afrikanischen Union bei der Umsetzung, helfen beim Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen sowie bei Maßnahmen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz etwa in der Landwirtschaft. Ein weiterer Schwerpunkt ist es den Angaben nach Strukturen zu schaffen, die gewisse Qualitätsstandards von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen sicherstellen. Dazu gehört auch der Kampf gegen Korruption.

Kritik an Müller

Der FDP-Abgeordnete Alexander Kulitz begrüßte das "klare Bekenntnis" der Bundesregierung, die Freihandelszone zu unterstützen. Gleichzeitig sagte er dem Evangelische Pressedienst (epd), dass es bei der Afrikapolitik "keinen Flickenteppich an Einzelmaßnahmen brauche, sondern eine Gesamtstrategie".

Nach Ansicht von Müller müssten im Rahmen eines neuen EU-Afrika-Abkommens auch legale Möglichkeiten eröffnet werden, um in Europa zu arbeiten. "Klar ist aber auch, dass wir von den afrikanischen Ländern im Gegenzug verlangen, abgelehnte Asylbewerber ohne Duldung zurückzunehmen", sagte er der Zeitung. Laut der Antwort seines Ministeriums auf die FDP-Anfrage soll in dem neuen Rahmenabkommen unter anderem auch eine Rückübernahmeverpflichtung von Staatsbürgern rechtsverbindlich festgeschrieben werden. An der mangelnden Mitwirkung der Heimatländer scheitern derzeit zahlreiche Abschiebungen in Deutschland.

Der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Uwe Kekeritz, warf Müller vor, bei seinen Vorhaben zur Unterstützung Afrikas lediglich "das Blaue vom Himmel zu versprechen", ohne "seine Ideen in Regierungshandeln umzumünzen".

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