Demonstration für die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien im Januar in Berlin
epd-bild/Christian Ditsch
"Ich kann nicht erkennen, wie eine juristisch haltbare Einzelfallprüfung stattfinden soll", sagt die rechtspolitische Referentin von Pro Asyl, Bellinda Bartolucci, zum geplanten Start des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz.
20.07.2018

Die Hilfsorganisation Pro Asyl bezweifelt, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ab August rechtlich sauber erfolgen wird. "Ich kann nicht erkennen, wie eine juristisch haltbare Einzelfallprüfung stattfinden soll", sagte die rechtspolitische Referentin von Pro Asyl, Bellinda Bartolucci, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Gründe dafür lägen im neuen Nachzugsgesetz, dem präzise Verfahrensregeln fehlten. Dadurch sei "das Prinzip der Rechtssicherheit nicht gewährleistet", sagte die Juristin.

"Das gilt besonders, wenn das Kontingent von 1.000 Personen pro Monat voll ist", erläuterte die Expertin. Die absolute Grenze, die vom Gesetzgeber aus politischen Gründen gezogen wurde, sei verfassungswidrig. Eine solche Regelung sei vom Grundgesetz nicht gedeckt und somit vor dem Bundesverfassungsgericht kaum haltbar.

Drei behördliche Instanzen

Am Verfahren des Familiennachzugs sind drei behördliche Instanzen beteiligt: die Botschaften und Konsulate, die Ausländerbehörden und als Entscheidungsinstanz das Bundesverwaltungsamt. Zwar soll es noch eine Verwaltungsvereinbarung geben, die die neue Regelung präzisiert. Es ist laut Bartolucci jedoch unwahrscheinlich, dass das Papier klar festlegt, welchen huminitären Gründen Vorrang eingeräumt werden muss.

Betroffene würden zudem nicht an den Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes beteiligt. Es sei rechtlich fragwürdig, dass die Flüchtlinge nicht wissen, welchen Status ihr Antrag hat und wer ihn gerade bearbeitet. Diese Kenntnis sei aber wichtig für die weiteren praktischen und rechtlichen Schritte, betonte Bartolucci.

Zur praktischen Umsetzung des Verfahrens sagte die Expertin: "Wir vermuten, dass das Verwaltungsamt reinkommende Anträge zulässt, so lange, bis monatlich 1.000 Personen erreicht sind." Das heiße jedoch, die Auswahl finde schon vorher statt, nämlich dadurch, welche Anträge die Konsulate und die Ausländerbehörden an das Amt senden. "Eine inhaltliche Prüfung und daraus abgeleitete Priorisierung der Härtefälle findet dann nicht mehr statt."

Völlig ungeklärt ist laut der Juristin auch, wie mit den Fällen verfahren wird, die über das 1.000-Personen-Kontingent hinausgehen. "Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, ob diese humanitären Fälle dann automatisch im Pool für den nächsten Monat sind."

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