Der Mindestlohn steigt auf 9,19 Euro pro Stunde.
epd-bild/Norbert Neetz
Dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung steigt auch der Mindestlohn weiter. Der Mindestlohnkommission machen aber zahlreiche Verstöße Sorgen. Es profitieren weit weniger Menschen von der Lohnuntergrenze, als möglich wäre.
26.06.2018

Der gesetzliche Mindestlohn soll in zwei Stufen auf 9,35 Euro steigen. Anfang kommenden Jahres wird er um 35 Cent auf 9,19 Euro pro Stunde angehoben. Zum 1. Januar 2020 steigt er auf 9,35 Euro, wie der Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, am Dienstag in Berlin bekanntgab. Gegenwärtig beträgt der Mindestlohn 8,84 Euro brutto pro Stunde. Der Beschluss sei einstimmig gefallen, sagte Zilius. Die Bundesregierung muss ihn noch umsetzen. Der Bericht wurde Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) überreicht.

Neben dem früheren RWE-Arbeitsdirektor Zilius als Vorsitzendem gehören der Kommission jeweils drei stimmberechtigte Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter an sowie zwei beratende Wissenschaftler. Das Gremium forderte die Politik auf, mehr gegen die zahlreichen Verstöße gegen den Mindestlohn zu tun und die Kontrollen in den entsprechenden Branchen zu intensivieren. Beide Seiten begrüßten die Ankündigung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), 1.400 zusätzliche Mitarbeiter bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit einzustellen.

Insbesondere im Osten Deutschlands profitieren Arbeitnehmer

Erstmals wird der Mindestlohn in zwei Stufen erhöht. Bisher galt er jeweils für zwei Jahre. Die neunköpfige Mindestlohnkommission orientiert sich an der jüngsten Entwicklung der Tariflöhne und Tarifabschlüssen aus dem ersten Halbjahr 2018.

Nach Angaben der Kommission könnten rund vier Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Erhöhung profitieren, insbesondere im Osten Deutschlands. An der Lohnuntergrenze arbeiten vorwiegend Beschäftigte ohne Ausbildung, Frauen in Niedriglohn-Jobs und Mini-Jobber.

Es gibt aber vielfach Verstöße. Zilius zufolge waren sie ein vieldiskutiertes Thema in der Kommission. Präzise Angaben über das Ausmaß gibt es nicht. Die Zahlen variieren von 750.000 bis zu 1,8 Millionen Betroffenen. Die Arbeitgeber tricksen laut Kommissionsbericht vor allem bei der Arbeitszeit oder unrealistisch hohen Leistungsvorgaben, die die Beschäftigten nur durch Mehrarbeit erfüllen können. Vor diesem Hintergrund müsse die Debatte um die Dokumentationspflichten für die Arbeitszeit beendet werden, forderte Stefan Körzell aus dem DGB-Bundesvorstand.

Kritik von Sozialverbänden

Einen gesetzlichen Mindestlohn gibt es in Deutschland seit 2015. Bei seiner Einführung betrug er 8,50 Euro pro Stunde. Etwa 3,7 Millionen Arbeitnehmer hatten zuvor weniger verdient. Anfang 2017 war der Mindestlohn zum ersten Mal erhöht worden. Laut dem Bericht der Kommission hat die gesetzliche Lohnuntergrenze bisher keine negativen Effekte auf die Beschäftigungsentwicklung. Das war vor der Einführung vielfach vorhergesagt worden.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, betonte, es sei gelungen, die Höhe des Mindestlohns nicht zum Politikum zu machen. Er bilde vielmehr die Tarifentwicklung ab. Ob das auf Dauer funktioniere, werde sich allerdings erst beim nächsten wirtschaftlichen Abschwung zeigen, prognostizierte Kampeter.

Mehrere Sozialverbände und die Linksfraktion kritisierten die Erhöhung als völlig unzureichend und forderten einen Mindestlohn von mindestens zwölf Euro pro Stunde. Aus der SPD-Bundestagsfraktion kamen Rufe nach schärferen Kontrollen in Branchen, wo der Mindestlohn besonders häufig unterlaufen wird. Die Hans-Böckler-Stiftung begrüßte die Entscheidung, den Mindestlohn in zwei Stufen zu erhöhen.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.