Eine alte Frau mit ihrem Rollator im Treppenhaus
epd-bild / Jörn Neumann
Einer neuen Studie zufolge führt die dauerhafte Überlastung pflegender Angehöriger nicht selten zu Gewalt. "Etwa jeder Zweite berichtet, Gewalt durch den pflegebedürftigen Menschen erlebt zu haben", teilte das Zentrum für Qualität in der Pflege.
18.06.2018

"40 Prozent geben an, selbst schon gewaltsam gehandelt zu haben." Das sei auch ein Ausdruck der aufgestauten Wut und der Niedergeschlagenheit, hieß es. Denn die Hälfte der Angehörigen vermisse die Wertschätzung für ihr Engagement.

Physische und psychische Gewalt in der heimischen Pflege kommen demnach häufig vor. Fast drei Viertel der rund drei Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zu Hause versorgt – davon 1,4 Millionen ausschließlich durch Angehörige. Dabei bringen sie sehr viel Zeit, Geduld und Kraft auf. Weil belastende Konflikte drohen, die Gewalt förderten, seien gezielte Unterstützungsangebote sowie Aufklärung über Gewaltprävention dringend erforderlich, betonte das Zentrum.

Vor Wut geschüttelt

Für die Erhebung wurden im April und Mai deutschlandweit 1.006 pflegende Angehörige im Alter zwischen 40 und 85 Jahren online dazu befragt, welche Erfahrungen sie mit Konflikten und Gewalt in der Pflege gemacht haben. Dabei zeigt sich: Viele pflegende Angehörige haben mit belastenden Gefühlen zu kämpfen. Mehr als ein Drittel der Befragten (36 Prozent) fühlt sich häufig niedergeschlagen, 29 Prozent sind häufig verärgert. Zudem hatte mehr als die Hälfte (52 Prozent) in den vergangenen sechs Monaten teilweise den Eindruck, dass die pflegebedürftige Person ihre Hilfe nicht zu schätzen weiß. 25 Prozent hätten den Pflegebedürftigen bereits "vor Wut schütteln können".

Psychische Gewalt

Doch auch Pflegende üben gegenüber einem Angehörigen Gewalt an. Insgesamt 40 Prozent der Befragten äußerten, das innerhalb der vergangenen sechs Monate mindestens schon einmal absichtlich getan zu haben. Am häufigsten wurden mit 32 Prozent auch hier Formen psychischer Gewalt berichtet.

Ralf Suhr, der Vorstandsvorsitzende des Zentrums, sagte: "Pflegende Angehörige müssen wirksamer unterstützt werden. Gewalt in der Pflege fängt nicht erst beim Schlagen an." Es komme dabei nicht in erster Linie darauf an, ob etwas aus bösem Willen passiere oder strafrechtlich relevant sei. Vielmehr gehe es um die oft gravierenden Folgen. "Wer Gewalt in der Pflege verharmlost, verkennt die möglichen Schäden bei Betroffenen und das Risiko einer Eskalationsspirale", erklärte Suhr.

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