Bundesinnenminister Seehofer
epd-bild/Peter Roggenthin
Ab August sollen Flüchtlinge mit untergeordnetem Schutz wieder Verwandte nachholen dürfen, allerdings nur 1.000 pro Monat. Während Kritik aus Opposition und Verbänden anhält, verteidigt die Koalition ihren Plan als verantwortungsvollen Kompromiss.
07.06.2018

Die geplante Kontingent-Regelung für den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit untergeordnetem Schutz ist auf dem Weg durch den Bundestag. Am Donnerstag beriet das Parlament in Berlin in erster Lesung den Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der vorsieht, dass ab August 1.000 Angehörige pro Monat kommen können. Seehofer verteidigte dies als "verantwortungsvollen Kompromiss". Linke und Grüne kritisierten dagegen, dass der früher bestehende Rechtsanspruch auf Familienzusammenführungen nicht wieder hergestellt wird. Auch die FDP hält die starre Grenze von 1.000 Fällen pro Monat für falsch, während die AfD gar keinen Familiennachzug zulassen möchte.

265.000 subsidiär Schutzberechtigte

Seehofer sagte, es sei eine Abwägung zwischen dem Schutzinteresse der Betroffenen und der Aufnahmefähigkeit Deutschlands zu treffen. Zwischen 2013 und Ende 2017 habe es rund 265.000 Anerkennungen von subsidiär Schutzberechtigten gegeben. Sie alle kämen für den Familiennachzug infrage. Wie viele tatsächlich einen Nachzug beantragen würden, ist unter Experten aber umstritten.

Subsidiär Schutzberechtigte dürfen anders als andere Flüchtlinge ihre Angehörigen seit Frühjahr 2016 nicht mehr nachholen. Betroffen sind vor allem Syrer, die als Kriegsflüchtlinge oft diesen untergeordneten Schutzstatus zugesprochen bekommen.

Kritik von Linken und Grünen

Sie könnten voraussichtlich über Jahre nicht in ihre Heimat zurück, sagte die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke. Den Familiennachzug für sie nicht zuzulassen, sei daher zynisch. Die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg verwies auf den Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz. Die Glaubwürdigkeit universell geltender Rechte werde damit beschnitten, sagte sie. Dass die Regelung Härtefällen gerecht wird, glaubt sie nicht: "Jede Familientrennung ist ein besonders schwerer Fall."

Nachzügler sollen dem Gesetzentwurf zufolge künftig nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden. Man werde mit denen beginnen, die es am nötigsten hätten, mit Kindern, Kranken und Familien, die bereits besonders lange auf ein Wiedersehen warten, sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka, der den Kompromiss der großen Koalition beim Familiennachzug ebenfalls verteidigte. Die Auswahl soll Seehofer zufolge das Bundesverwaltungsamt übernehmen.

"Zufall und Willkür"

Opposition sowie Flüchtlings- und Sozialorganisationen haben Zweifel, dass der Gesetzentwurf klare Regeln für die Auswahl vorgibt. Pro Asyl fürchtet "Zufall und Willkür". Auch der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration erklärte, es seien Unsicherheiten im Vollzug zu erwarten.

Die FDP plädierte daher für eine Härtefallregelung ohne zahlenmäßige Begrenzung. Bis Ende März seien 26.000 Anträge auf Familienzusammenführungen gestellt worden, sagte der Abgeordnete Stephan Thomae. Seit Jahresanfang nehmen die deutschen Auslandsvertretungen wieder Anträge für die Familienzusammenführung bei subsidiär Schutzberechtigten entgegen.

Ausgeschlossen vom Familiennachzug sind nach dem Gesetzentwurf Ehegatten, wenn die Ehe nicht schon vor der Flucht geschlossen wurde, Gefährder und Menschen, die schwerwiegende Straftaten begangen haben. Berechtigt zum Nachzug ist grundsätzlich nur die sogenannte Kernfamilie, also Ehepartner, Kinder und bei Minderjährigen die Eltern. Die Diakonie forderte, auch Geschwisterkindern den Nachzug zu ermöglichen. "Es ist unzumutbar, dass sich Eltern entscheiden müssen, ob sie ihr Kind in Deutschland oder ihr Kind im Herkunftsland allein lassen oder ob sie sich trennen", sagte Vorstand Maria Loheide.

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