Der österreichische Suchtmediziner Kurosch Yazdi
epd-bild/Michael Appelt
"Gerade viele junge Menschen haben nur noch Online-Freundschaften", problematisiert der österreichische Suchtmediziner Kurosch Yazdi die Sucht nach Sozialen Netzwerken im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
16.04.2018

Zusammen mit Co-Autor Ben Springer hat er deshalb ein Zehn-Punkte-Programm entworfen, von Facebook loszukommen: "Klick und Weg - Das Facebook-Aufhörbuch" ist am 14. April erschienen. Yazdi leitet als Chefarzt die Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin des Kepler Universitätsklinikums Linz.

epd: Herr Yazdi, warum plädieren Sie in Ihrem Buch dafür, mit Facebook ganz aufzuhören?

Kurosch Yazdi: Ich sage ja nicht, dass jeder Mensch auf der Welt aufhören soll. Es gibt viele Menschen, die in einem sinnvollen Ausmaß die Sozialen Netzwerke konsumieren und sich damit nicht schaden. Das ist wie bei Alkohol. Mir geht es um solche Menschen, die ihren Online-Konsum derart übertrieben haben, dass sie ein echtes Problem entwickelt haben. Da gibt es zwei Arten von Menschen: Die einen schaffen es, ihren Konsum so weit in den Griff zu bekommen, dass sie sich nicht mehr schaden. Und die, für die es leichter ist, ganz aufzuhören.

Zusätzlich auch online in Kontakt

epd: Soziale Medien zu nutzen, mache einsam, kritisieren sie. Jedoch kann man über Facebook alte Freunde treffen, chatten und neue Bekanntschaften schließen. Ist das alles nur Einbildung?

Yazdi: Ursprünglich wurden Soziale Netzwerke dafür gemacht, damit Menschen, die sich in der realen Welt kennen, zusätzlich auch online in Kontakt bleiben können. Doch mittlerweile ist es bei ganz vielen jungen Menschen umgekehrt: Die lernen Hunderte Menschen online kennen, die sie noch nie in Echt gesehen haben und auch nie sehen werden. Gerade viele Jugendliche haben nur noch Online-Freundschaften.

Wichtige Infos fehlen

epd: Heutzutage ist es normal, online und offline Freundschaften zu haben. Warum unterscheiden Sie da in der Qualität?

Yazdi: Menschen sind Rudeltiere, wir kommunizieren nicht nur über Worte, sondern ganz, ganz viel nonverbal und das ist der wichtigere Teil: Wie schaut mein Gegenüber aus, wie riecht er, wie kommt er auf mich zu, berührt er mich oder nicht? Sie können, wenn Sie jemandem die Hand geben oder umarmen, hundertausendmal besser sagen, ob Ihnen der Mensch passt als wenn Sie mit ihm Hunderte Briefe wechseln. Wenn Sie also ausschließlich über Kurznachrichten-Dienste kommunizieren, dann fehlen ihnen genau diese Informationen, damit eine echte Beziehung zustande kommen kann. Es gibt eben keine Online-Rudel.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.