In Deutschland wird zu vielen Anlässen Alkohol getrunken.
epd-bild/Norbert Neetz
Deutschland bleibt ein "Hochkonsumland Alkohol". Zwar sinkt der Alkoholkonsum minimal. Eine Entwarnung könne es aber nicht geben, betonen Experten. Der Gesamtverbrauch in Deutschland sei auch im internationalen Vergleich zu hoch.
28.03.2018

Jeder Bundesbürger ab 15 Jahren trinkt durchschnittlich 10,7 Liter Reinalkohol pro Jahr. Das geht aus dem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten "Jahrbuch Sucht 2018" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervor. Grundlage für die Berechnungen sind Daten aus dem Jahr 2015. Auf lange Sicht ergab sich ein Rückgang: Im Jahr 1970 lag der Reinalkohol-Verbrauch pro Bundesbürger ab 15 Jahren den Angaben zufolge noch bei 14,4 Litern jährlich.

Der Alkoholkonsum in Deutschland sinke zwar minimal, "doch nur von einem extrem hohen zu einem sehr hohen Verbrauch", betonte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann. Im internationalen Vergleich sei Deutschland ein "Hochkonsumland Alkohol". Unter den OECD-Staaten liege die Bundesrepublik unter den Top 10. Rund 95 Prozent der deutschen Bevölkerung tränken Alkohol, "vom maßvollen kleinen Schluck bis zum maßlosen regelmäßigen Konsum".

Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken sank nach Berechnungen des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr um 1,25 Prozent auf 133,8 Liter pro Kopf, hieß es weiter. Davon entfielen - gemessen in Reinalkohol pro Kopf - 5 Liter auf Bier, 2,3 Liter auf Wein, 1,8 Liter auf Spirituosen und 0,4 Liter auf Schaumwein.

Kombinierter Konsum

Die DHS verwies zudem auf Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes, wonach 3,38 Millionen Erwachsene in Deutschland eine alkoholbezogene Störung in den zurückliegenden zwölf Monaten aufwiesen. Rund 74.000 Todesfälle würden zudem jährlich durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht, hieß es.

Gaßmann forderte einen strengeren Jugendschutz in Deutschland auf internationalem Niveau, wonach Alkohol grundsätzlich erst ab einem Alter von 18 Jahren gekauft werden dürfte. Bislang ist der Kauf von Wein und Bier in Deutschland schon für 16-Jährige möglich. Zudem müsse Deutschland eine einheitliche Alkoholsteuer gemessen am Alkoholgehalt einführen. Bislang gelten für alkoholische Getränke unterschiedliche Steuersätze, auf Wein gebe es gar keine spezielle Besteuerung. "Der Kauf von 1 Liter Wodka für 3,99 Euro sollte in Deutschland nicht mehr möglich sein", betonte Gaßmann.

Die stellvertretende DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel warnte vor den Folgen des "Passivtrinkens" für Unbeteiligte. So würden in Deutschland pro Jahr rund 10.000 Babys mit irreversiblen Alkoholschäden (Fetale Alkohol-Spektrum Störung - FASD) geboren. Insgesamt gingen Experten von rund 1,5 Millionen Menschen mit einer FASD in Deutschland aus. Rund 2,65 Millionen Kinder würden in Deutschland zudem in einer Suchtfamilie groß.

Suchthilfe und Suchtprävention

Auch seien 2016 im Straßenverkehr insgesamt 225 Menschen bei einem alkoholbedingten Unfall ums Leben gekommen und 16.770 Menschen dabei verletzt worden. Auch im Arbeitsleben seien erhebliche Auswirkungen zu erwarten, wenn ein Kollege oder eine Kollegin Alkohol konsumiere, wie Produktionsausfälle, Arbeitsunfälle, Qualitätsverluste oder fehlerhafte Leistungen, die von anderen Beschäftigten aufgefangen werden müssten, warnte Rummel.

Die DHS ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Verbänden, die in der Suchthilfe und Suchtprävention tätig sind. Der Verein wurde 1947 mit Sitz in Hamm gegründet und wird durch Mittel aus dem Bundeshaushalt, von Renten- und Krankenversicherungen, durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. Neben Alkohol beschäftigt sich die DHS mit Nikotin, Medikamenten, illegalen Drogen sowie pathologischem Glücksspiel und Essstörungen.

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