Gericht will Kinder schützen
epd-bild/Heike Lyding
Im Prozess um die Prügelstrafe für Kinder bei der religiösen Gemeinschaft "Zwölf Stämme" hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen die Eltern geurteilt.
22.03.2018

Das Gericht befand am Donnerstag in Straßburg, dass die deutschen Behörden die Kinder zu Recht in Obhut genommen hätten, um sie vor Gewalt zu schützen. (AZ: 11308/16, 11344/16, 68125/14 und 72204/14)

Der Fall in den bayerischen Orten Wörnitz und Klosterzimmern erregte seit 2012 die Öffentlichkeit. Damals berichtete die Presse, dass Mitglieder der "Zwölf Stämme" Kinder körperlich gezüchtigt hätten, wie der EGMR rekapitulierte. Ein Jahr darauf erhielten die Behörden von einem TV-Reporter heimlich gedrehte Videoaufnahmen. Sie zeigten körperliche Züchtigungen von Kindern zwischen drei und zwölf Jahren.

Sorgerecht entzogen

Familiengerichte entzogen daraufhin den Eltern teilweise das Sorgerecht. Im September 2013 brachten die Jugendämter alle Kinder der zwei Kommunen der "Zwölf Stämme" in Heimen und Pflegefamilien unter. Laut Medienberichten aus jener Zeit handelte es sich um 40 Minderjährige.

Beim Rechtsstreit zunächst vor der deutschen und dann der europäischen Justiz verteidigten einige Eltern die Prügelstrafe. Sie seien "überzeugt gewesen, dass körperliche Züchtigungen eine legitime Methode der Kindererziehung seien", hieß es in der EGMR-Mitteilung. Einem Bericht von "Spiegel"-Online von 2014 zufolge verglich die Gemeinschaft Schläge mit der Rute mit einer Beschneidung, die ebenfalls eine Körperverletzung aus religiösen Gründen darstelle.

Schwerer Eingriff ins Familienleben

In Straßburg klagten vier Familien mit zusammen acht Kindern. Sie machten vor allem das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbriefte Recht auf Achtung des Familienlebens geltend; von der Geltendmachung der Religionsfreiheit rückten sie später ab, wie eine Gerichtssprecherin sagte.

Das EGMR erkannte an, dass die deutschen Behörden tatsächlich sehr schwer in das Recht auf Familienleben eingegriffen haben. Demgegenüber stand aber das Risiko der "unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung". Das Gericht hielt auch die Möglichkeit, den Eltern zum Beispiel durch Schulungen zu helfen, in diesem Fall nicht für erfolgversprechend. Solche Maßnahmen hätten die Kinder nicht ausreichend schützen könne, "da die Eltern die körperliche Züchtigung als unerschütterliches Dogma in der Kindererziehung ansahen", erklärte der EGMR.

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