Familienministerin Katarina Barley (SPD)
epd-bild/Juergen Blume
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) verlangt von den öffentlich-rechtlichen Sendern im Fall Dieter Wedel eine "rückhaltlose Aufklärung". ARD und ZDF verweisen auf bereits eingeleitete Untersuchungen.
30.01.2018

Die geschäftsführende Familienministerin Barley hat Konsequenzen aus den Missbrauchs-Vorwürfen gegen den Regisseur Dieter Wedel gefordert. "Wenn sich die Anschuldigungen bestätigen, dann ist das ein Skandal, von dem sehr viele Menschen gewusst haben müssen", sagte Barley dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Dienstag). "Ich erwarte hier gerade von den beteiligten öffentlich-rechtlichen Institutionen rückhaltlose Aufklärung." Die Ministerin betonte, es gelte die Unschuldsvermutung. "Aber es ist eigenartig, dass hier so wenige von den vielen Weggefährten und aus der Branche Stellung beziehen", sagte sie. "Das erweckt den Eindruck eines Schweigekartells."

Die ARD verwies am Dienstag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) auf die noch laufenden Untersuchungen in den einzelnen Landesrundfunkanstalten. Anfang kommender Woche wollen sich die Intendanten des Senderverbunds bei ihrer Sitzung in München mit dem Fall Wedel befassen. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm hatte bereits in der vergangenen Woche eine Aufarbeitung der Vorwürfe angekündigt.

Rechercheteams eingesetzt

Das ZDF gehe weiterhin Hinweisen im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Wedel nach, teilte der Mainzer Sender dem epd mit. Eine Mitarbeiterin des Justitiariats sei mit der Aufklärung beauftragt. Dazu würden auch Gespräche mit Mitarbeitern geführt, die zu der fraglichen Zeit in verantwortlichen Funktionen waren. Intendant Thomas Bellut hatte nach ZDF-Angaben bereits nach dem Bekanntwerden der ersten Vorwürfe Anfang Januar die zuständigen Bereiche beauftragt, Archivunterlagen zu Auftragsproduktionen, an denen Wedel als Regisseur mitgewirkt hatte, zu sichten. Diese Überprüfung habe bislang keine Erkenntnisse darüber erbracht, dass dem Sender Hinweise auf Straftaten vorlagen.

In der vergangenen Woche hatten auch die ARD-Anstalten SR und NDR mitgeteilt, in ihrem Auftrag entstandene Wedel-Produktionen würden überprüft. Auch die Produktionsfirma Bavaria Film, an der mehrere ARD-Anstalten beteiligt sind, hat ein Rechercheteam eingesetzt.

Sexismus und Gewalt

Anfang Januar hatte "Die Zeit" über Anschuldigungen mehrerer Schauspielerinnen berichtet, die dem heute 75-jährigen Regisseur sexuelle Übergriffe am Rande von Dreharbeiten vorwerfen. In der vergangenen Woche berichtete die Wochenzeitung über Vorwürfe weiterer Frauen. Sie reichen von Machtmissbrauch bis hin zu sexueller Nötigung und Vergewaltigung. Die mutmaßlichen Vorfälle liegen mehrere Jahrzehnte zurück. Wedel bestreitet alle Anschuldigungen. Er trat in der vergangenen Woche als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurück.

Ministerin Barley sagte, sie hoffe, dass weitere Frauen den Mut finden, ihr Schweigen zu brechen. "Wir brauchen endlich eine öffentliche Debatte über Sexismus und Gewalt gegenüber Frauen - unabhängig von dem einen prominenten Fall." Die SPD-Politikerin bemängelte, dass es bei dem Thema an gesellschaftlicher Courage fehle. Es gehe nicht um Einzelfälle. "Sexismus und sexuelle Übergriffe haben mit einem strukturellen Machtungleichgewicht zu tun", erklärte Barley. "Darüber müssen wir sprechen."

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