Trauerflor an der Tür zum Zimmer einer gerade verstorbenen Frau
epd-bild / Falk Orth
Gut zwei Jahre nach dem Verbot organisierter Hilfe beim Suizid will der Verein des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch wieder Sterbehilfe anbieten. Der Verein wolle nicht länger auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes warten, sagte der Vorsitzende des Vereins "Sterbehilfe Deutschland" dem epd.
30.01.2018

Die Hilfe beim Suizid soll demnach künftig aus der Schweiz heraus geschehen, wo eine liberalere Gesetzeslage gilt. Die SPD-Politikerin Kerstin Griese zweifelt allerdings daran, dass damit das deutsche Gesetz umgangen werden kann.

Kusch erklärte, in Zukunft könnten sterbewillige deutsche Mitglieder mit einem Angehörigen in die Geschäftsstelle des Vereins nach Zürich reisen. Dort werde ein Gespräch mit Beauftragten des Vereins geführt. Der Verein zeichne diese Gespräche per Video auf und vermittele einen Mediziner zur Begutachtung. Der Mediziner müsse feststellen, dass es sich um einen stabilen Sterbewunsch handele, sagte Kusch. Zudem müsse der Sterbewillige voll zurechnungsfähig sein und an einer unheilbaren Krankheit leiden.

Falls diese Bedingungen zutreffen, werde der Mediziner dem Suizid-Wunsch zustimmen. Daraufhin muss der Angehörige Kuschs Angaben nach ein zweites Mail in die Schweiz kommen, um die tödlichen Mittel in Empfang zu nehmen. Zudem erhalte der Angehörige einen konkreten Handlungsablauf für den Suizid. In Deutschland könne er dann dem Sterbewilligen beim Suizid assistieren.

Todbringende Medikamente

Der Verein "Sterbehilfe Deutschland" und sein gleichnamiges Pendant in Zürich haben seit der Gesetzesänderung 2015 nach eigenen Angaben keine Assistenz beim Suizid mehr angeboten. Der Bundestag hatte im November 2015 beschlossen, dass sogenannte geschäftsmäßige, also organisierte und auf Wiederholung angelegte Assistenz bei der Selbsttötung verboten und ein Verstoß dagegen mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet wird.

Bei der Suizid-Assistenz werden Sterbewilligen todbringende Medikamente überlassen. Das direkte Verabreichen der Mittel, sogenannte aktive Sterbehilfe, war in Deutschland bereits vorher verboten. Die Assistenz beim Suizid gilt als gesetzliche Grauzone. Enge Angehörige sollen auch nach der Gesetzesverschärfung straffrei bleiben. Wiederholte Assistenz ist dagegen seitdem strafbar. Ärzten ist diese Form der Sterbehilfe per Standesrecht verboten.

Die Gesetzesänderung 2015 zielte vor allem auf Organisationen wie Kuschs Verein. Mitglieder des Vereins haben gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde erhoben. Insgesamt elf Beschwerden sind beim Bundesverfassungsgericht derzeit gegen die Regelung anhängig, wie ein Sprecher am Dienstag in Karlsruhe sagte. Wann es eine Entscheidung gibt, ist nach seinen Worten noch nicht absehbar.

Etliche Meneschen aus dem Ausland

Kuschs Ankündigung, trotz der deutschen Gesetzeslage wieder tätig zu werden, stieß auf Empörung. "Wie bei einem Steuertrickser werden gesetzliche Schlupflöcher gesucht, um sie für eigene Machenschaften zu nutzen", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Deutsche Gerichte und der Gesetzgeber dürften sich nicht an der Nase herumführen lassen.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese, die zu den Initiatoren des Gesetzes gehörte, betonte, das Gesetz stelle unmissverständlich klar, dass die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung strafbar ist. "Das ist unabhängig davon, ob dies in Deutschland von einer Sterbehilfeorganisation angeboten wird, die ihren formalen Sitz bei uns oder im Ausland hat", sagte sie. Letztlich könne aber nur ein Gericht entscheiden.

In der Schweiz ist die Assistenz beim Suizid grundsätzlich erlaubt. Organisationen wie Dignitas in Zürich bieten ihre Dienste auch Nichtschweizern an. In den vergangenen Jahren kamen etliche Menschen aus dem Ausland in die Schweiz, um mit Hilfe der sogenannten Freitodbegleiter zu sterben.

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