Im Gebetsraum der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit
epd-bild/Juergen Blume
Die Berliner Anwältin Seyran Ates bezeichnet es als "Skandal", dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen Ditib-Imame wegen Spitzelvorwürfen eingestellt hat.
19.12.2017

"Man muss es in aller Deutlichkeit als Schweinerei bezeichnen", sagte die Menschenrechtlerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). Deutschland und die Justiz hätten versagt. "Und ich unterstelle, dass hier auch politische Interessen eine Rolle gespielt haben."

"Viele Menschen von Spitzeleien betroffen"

Man habe die Augen zu und die Tür aufgemacht, um sich mit der Türkei gut zu stellen, sagte Ates. "Dabei sind ganz viele Menschen von diesen Spitzeleien betroffen." Die Juristin engagiert sich für einen liberalen Islam.

Der Generalbundesanwalt hatte vor rund zwei Wochen gemeldet, dass die Ermittlungen gegen insgesamt 19 Verdächtige eingestellt worden seien. Die hauptsächlich in Moscheen des türkisch-islamischen Verbandes Ditib tätigen Geistlichen sollen im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diyanet Anhänger der Gülen-Bewegung ausspioniert haben. Bei einigen habe sich der Verdacht nicht erhärtet, bei anderen seien die Vorwürfe als geringfügig eingestuft worden, hieß es. Wieder andere hätten Deutschland mittlerweile verlassen.

"Vertretung des türkischen Staates"

Ates kritisierte, es sei unverantwortlich, dass Ditib immer noch mit staatlichen Vertretern am Verhandlungstisch sitze, etwa als Ansprechpartner für den Religionsunterricht an Schulen und Lehrstühle an Universitäten. Ditib sei keine Interessenvertretung der Muslime in Deutschland, sondern eine Vertretung des türkischen Staates.

Die Rechtsanwältin bezweifelt zudem, dass die Verbände den Großteil der Muslime in Deutschland vertreten. "Viele Muslime wissen gar nichts von den Verbänden", sagte Ates. "Deren Macht besteht vielmehr darin, dass sie laut und teilweise aggressiv sind und dass sie aus dem Ausland finanziert werden." Die Organisationen müssten nun endlich anhand von Mitgliederzahlen belegen, wen sie eigentlich verträten.

Die deutsch-türkische Anwältin war Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und hat in diesem Jahr in Berlin eine Moschee gegründet, in der Männer und Frauen unterschiedlicher muslimischer Glaubensrichtungen miteinander beten können.

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