In seiner ersten Amtszeit ging der konservative Multimillionär hart gegen protestierende Studenten und Ureinwohner vor. In den kommenden vier Jahren braucht Sebastián Piñera mehr Kompromissbereitschaft: Im Parlament wurde die Linke gestärkt.
18.12.2017

Comeback für Sebastián Piñera: Der konservative Ex-Staatschef hat sich in der Stichwahl um das Präsidentenamt in Chile klar gegen den Kandidat der Mitte-Links-Regierung, Alejandro Guillier durchgesetzt. Er erreichte rund 54,6 Prozent der Stimmen. Guillier kam nach Angaben der Wahlbehörde von Sonntag (Ortszeit) auf rund 45,4 Prozent. Damit kehrt Piñera, der Chile bereits von 2010 bis 2014 regierte, an die Staatsspitze zurück. Guillier erkannte seine Niederlage an und gratulierte Piñera persönlich. Am 11. März wird der 68-jährige Multimillionär Präsidentin Michelle Bachelet, die nicht wieder antreten durfte, zum zweiten Mal ablösen. Mit Bachelets Abgang werden alle Länder Südamerikas künftig wieder von Männern regiert.  

Konservativer Umschwung in der Region

Piñera erreichte nach einem Bericht der Zeitung "La Tercera" mit rund 3,8 Millionen Stimmen den höchsten Stimmenanteil eines Konservativen in einer Präsidentenwahl seit der Rückkehr zur Demokratie 1990. In der ersten Wahlrunde im November hatte der Kandidat des rechten Bündnisses "Chile Vamos" mit knapp 37 Prozent unter seinen Erwartungen gelegen. Die Wahlbeteiligung am Sonntag lag bei 49 Prozent und war damit im Vergleich zum ersten Wahlgang leicht gestiegen.  

Piñera wird Chile wieder nach rechts rücken. Sein Sieg bestätigt den konservativen Umschwung in zahlreichen Ländern der Region. Allerdings gilt der Ökonom als gemäßigter Konservativer und präsentierte sich als Kandidat der Mittelschicht. In seiner Siegesrede rief er zur Einheit auf. "Chile braucht Vereinbarungen statt Konfrontation, Dialog und Zusammenarbeit."  

Wirtschaft im Brennpunkt

Im Mittelpunkt seines Programms steht das Wirtschaftswachstum, das der Unternehmer wieder ankurbeln will. Während seiner ersten Amtszeit lag es bei durchschnittlich fünf Prozent, war zuletzt aber auf rund 1,8 Prozent gesunken. "Wir werden Chile in ein entwickeltes Land umwandeln", sagte Piñera vor seinen Anhängern. Zudem hat er versprochen, 600.000 Arbeitsplätze zu schaffen, öffentliche Ausgaben zu kürzen und die Kriminalität zu bekämpfen.  

Die Sozialreformen von Präsidentin Bachelet will er teilweise auf den Prüfstand stellen. Bei der jüngst eingeführten kostenlosen Hochschulbildung lenkte er im Wahlkampfendspurt aber ein und kündigte an, diese im Bereich der technischen Studiengänge auszubauen. In seiner ersten Amtszeit war Piñera hart gegen Studentenproteste für ein kostenloses Bildungssystem und die Ureinwohner-Bewegung vorgegangen.  

Großer Reformbedarf

In seiner zweiten Amtszeit wird der gewählte Präsident Dialog- und Kompromissbereitschaft benötigen. Denn im neu gewählten Zwei-Kammer-Parlament besitzt das rechte Parteienbündnis "Chile Vamos" keine eigene Mehrheit. Mit dem Einzug des linken Bündnisses "Frente Amplio" ist das Abgeordnetenhaus zudem weiter nach links gerückt.  

In Chile besteht erheblicher Reformbedarf bei Rente, Gesundheit und Bildung. Viele Rentner sind von Altersarmut bedroht. Das Sozialversicherungssystem stammt aus der Zeit der Militärdiktatur (1973-1990) und ist privatisiert. Die Mitte-Links-Regierung von Präsidentin Bachelet brachte zahlreiche Strukturreformen auf den Weg, setzte sie nach Einschätzung von Experten aber teilweise mangelhaft um.

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