Politiker und Überlebende gedenken der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen, Archivbild 26.4.2015
epd-bild/Harald Koch
Die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten hält unter anderem die Erinnerung an die Opfer des früheren KZ Bergen-Belsen wach. Überlebende des Lagers fürchten nun, dass AfD-Leute in den Stiftungsrat rücken könnten, der die Arbeit beaufsichtigt.
21.11.2017

Überlebende des früheren Konzentrationslagers Bergen-Belsen sind besorgt darüber, dass demnächst die AfD im Stiftungsrat für die niedersächsischen Gedenkstätten sitzen könnte. Die Stiftung habe seit der Landtagswahl etwa ein halbes Dutzend Briefe von Überlebendenverbänden aus Israel, Frankreich und den USA erhalten, sagte Geschäftsführer Jens-Christian Wagner am Dienstag in Celle dem epd. Diese fordern, dass Stiftungsgesetz so zu ändern, dass kein AfD-Mitglied in das Gremium entsandt wird. Nach dem Stiftungsgesetz steht jeder Landtagsfraktion ein Sitz im Stiftungsrat zu. Die AfD gehört dem im Oktober neu gewählten Landtag erstmals an.

"Unerträglicher Gedanke"

"Wir müssen diese Sorgen sehr ernst nehmen", sagte Wagner. Auch die scheidende Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) äußerte als Vorsitzendes des Stiftungsrates Verständnis für die Bedenken der Überlebenden.

Die Überlebenden fürchten, dass Personen in den Stiftungsrat rücken könnten, die den Holocaust verharmlosen oder leugnen und revisionistische oder antisemitische Meinungen vertreten. So schreibt der französische Überlebenden-Verband in seinem Brief, der dem epd vorliegt: "Dass jemand, der solche Ansichten vertritt, im Stiftungsrat sitzen könnte, ist für uns ein unerträglicher Gedanke." Die Verbände haben zusammen mehrere hundert Mitglieder, meist über 90 Jahre alt.

Zusammensetzung des Stiftungsrates

Einige Überlebende stellten ihre Mitarbeit in dem Gremium infrage, falls ein AfD-Politiker dort hineinrückt, sagte Wagner. Die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten ist Trägerin der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen und der Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel. Sie begleitet zudem die Förderung weiterer Gedenkstätten für die Opfer des Nazi-Regimes im Land.

Wenn sich die Verbände der Opfer und Hinterbliebenen aus der einvernehmlichen Arbeit im Stiftungsrat zurückzögen, sei die Arbeit des Gremiums in Gefahr, sagte ein Sprecher von Kultusministerin Heiligenstadt. Der neu gewählte Landtag müsse nun darüber befinden, ob die Zusammensetzung des Stiftungsrates geändert werden solle. Nach einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" kursieren im Landtag bereits zwei Entwürfe dazu.

"In den Gremien nichts verloren"

Auch Wagner selbst zeigte sich skeptisch über die Mitarbeit von AfD-Vertretern. Die Stiftung habe den Auftrag, die Opfer der NS-Verbrechen zu würdigen und sich mit deren Ursachen und Folgen kritisch auseinanderzusetzen. Die AfD, in deren Reihen den Holocaust verharmlosende Positionen zumindest geduldet würden, stehe diesem Auftrag entgegen: "Wer den deutschen 'Schuldkult' beklagt oder eine 'erinnerungspolitische Wende um 180 Grad' fordert, hat in den Gremien der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten nichts verloren."

Der Stiftungsrat sei der falsche Ort für erinnerungspolitische Debatten, betonte Wagner. Diese müssten vielmehr öffentlich geführt werden. In Bergen-Belsen fanden zwischen 1940 und 1945 mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene den Tod.

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