Demonstration gegen Leiharbeit in Berlin (Archivbild)
epd-bild / Stefan Boness
Die Wirtschaft wächst, doch die Reallöhne von kleinen und mittleren Einkommen hinken hinterher. Wirtschaftsstaatsekretär Matthias Machnig (SPD) spricht von einem "Stachel im Zusammenhalt Deutschlands".
22.08.2017

Trotz Wachstum und Konjunktur treiben hohe und niedrige Einkommen in Deutschland weiter auseinander. Das Bundeswirtschaftsministerium warnte am Dienstag vor wachsender Lohnungleichheit. Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen hätten vom Wirtschaftswachstum in den 1990er- und 2000er-Jahren nicht profitiert, hieß es in dem Faktenblatt "(Real)Löhne" des Ministeriums. Als Folge habe die Lohnungleichheit bis 2010 deutlich zugenommen und verharre seither auf "einem historisch hohen Niveau", heißt es in dem Papier.

Reallöhne wieder gestiegen

Der Zuwachs bei den Reallöhnen lag danach unter EU-Schnitt. In Deutschland stiegen sie von 2000 bis 2016 um 0,4 Prozent, in den 15 EU-Ländern vor der EU-Osterweiterung um 0,7 Prozent.

"Vor allem die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen haben vom Wirtschaftswachstum nicht profitiert", schreiben die Fachleute von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Die realen Bruttostundenlöhne der unteren 40 Prozent seien 2015 zum Teil deutlich niedriger als 1995 gewesen. Dagegen habe es bei den höheren Löhnen Zuwächse von bis zu zehn Prozent gegeben. Zwar seien die Reallöhne seit 2013 wieder gestiegen. Es bestehe aber weiterhin Nachholbedarf.

"Das ist nicht gerecht und ein Stachel im Zusammenhalt Deutschlands", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) der "Süddeutschen Zeitung". Spielräume für bessere Löhne seien vorhanden. Untere Einkommen müssten entlastet und für Frauen müsse endlich "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelten.

Rückkehrrecht auf Vollzeit

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Regierungskoalition vor, die Kluft zwischen Arm und Reich nicht ausreichend bekämpft zu haben. Noch immer gebe es kein Rückkehrrecht auf Vollzeit, zu wenige verbindliche Tarifverträge und eine zu hohe Belastung für Geringverdiener. Die mangelnden Chancen, die sich aus zu niedrigen Löhnen ergäben, seien "Gift für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt", mahnte sie. Ungerechte Löhne verhinderten den sozialen Aufstieg.

Die Linke forderte unter anderem einen höheren Mindestlohn ein Verbot des Missbrauchs von Leiharbeit und der sachgrundlosen Job-Befristung. Zudem müssten geringe und mittlere Einkommen steuerlich entlastet und die "Millionärssteuer" endlich eingeführt werden, sagte Fraktions-Vize Klaus Ernst.

AWO-Bundesvorsitzender Wolfgang Stadler sprach sich für eine grundlegende Debatte über eine gerechte Einkommensverteilung insbesondere zwischen sozialen und technischen Berufen aus. "Was wir brauchen, ist eine systematische und diskriminierungsfreie Bewertung der Arbeitsleistung", verlangte er.

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