Sammelabschiebung von abgelehnten afghanischen Asylbewerbern am Flughafen München im Februar 2017.
epd-bild/Lukas Barth
Nach der tödlichen Messer-Attacke von Hamburg nimmt die Debatte um schnellere Abschiebungen wieder Fahrt auf. Vor allem für Flüchtlinge, die keine Asylchancen haben, soll es strengere Regeln geben.
31.07.2017

Nach der tödlichen Messerattacke von Hamburg fordern Politiker härtere Auflagen für ausreisepflichtige Asylbewerber. Der Städte- und Gemeindebund sprach sich für zentrale Abschiebezentren aus. "Wir sind der Auffassung, dass Tatverdächtige, die ausreisepflichtig sind, nicht normal in einer Kommune oder einer Flüchtlingsunterkunft leben sollten, sondern in zentralen Einrichtungen der Länder oder des Bundes", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Berliner Zeitung" (Montag). Auch aus der Union gibt es Forderungen nach schärferen Regeln. Die Opposition wirft CDU und CSU vor, das Verbrechen zu instrumentalisieren.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach plädierte für eine Passpflicht für Asylbewerber bei der Einreise. "Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt", sagte Bosbach der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montag). Bei dem mutmaßlichen Attentäter von Hamburg handelte es sich um einen abgelehnten Asylbewerber, der wegen fehlender Papiere noch nicht abgeschoben werden konnte. Bei der Attacke wurde am Freitag ein Mann getötet, sechs weitere Menschen wurden verletzt.

Vergabe von Visa überdenken

Bosbach sagte, zwar seien in den letzten Monaten sowohl die Regelungen für die Ausweisung und Abschiebung straffälliger Ausländer als auch die Möglichkeiten der Abschiebehaft deutlich ausgeweitet worden. "Aber wenn es dabei bleibt, dass wir bei einem Asylbegehren schon an der Grenze auf die bei der Einreise ansonsten zwingend vorgeschriebene Erfüllung der Passpflicht verzichten und auf diese Weise Tag für Tag viele hundert Drittstaatsangehörige mit ungeklärter Identität und Nationalität einreisen können, werden wir bei der Rückführung von Ausreisepflichtigen auch zukünftig in vielen Fällen große Probleme haben."

Der CDU-Politiker Ansgar Heveling forderte, die deutsche Visavergabe an Bürger von Staaten zu überdenken, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. "Es kann nicht sein, dass dortige Staatsbürger Visa fürs Shoppen oder den Unibesuch in Europa bekommen, aber die Rücknahme unliebsamer Staatsangehöriger vereitelt wird", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses der "Rheinischen Post". Deutschland müsse mit einer strikten Visapolitik auf die verschleppte oder blockierte Ausstellungen von Papieren für Rückführungen reagieren.

"Todesstoß für den Rechtsstaat"

Der Vertreter des Städte- und Gemeindebunds, Landsberg, verwies in diesem Zusammenhang auf die Kompetenz des Bundes, die gestärkt werden müsse. Ausreisepflichtige, die nicht freiwillig abreisten, müssten abgeschoben werden. "Das sichert in der Bevölkerung die Akzeptanz für Flüchtlinge mit Bleiberecht", sagte Landsberg.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sprach von einem "Todesstoß" für den Rechtsstaat, wenn Schutzsuchende unter Generalverdacht gestellt würden. "Es ist keine Frage, Verbrechen müssen entschieden bekämpft werden", erklärte Jelpke. Doch die Vorstellung, Flüchtlinge nur dann einen Asylantrag stellen zu lassen, wenn ihnen der Verfolgerstaat zuvor einen Reisepass ausgestellt hätte, sei rechtswidrig und gehe an der Realität vorbei.

Der Tatverdächtige des Hamburger Anschlags war den Behörden als Islamist bekannt, aber nicht als gefährlicher Dschihadist. Der 26-Jährige ist nach Angaben der Hamburger Behörden Palästinenser, wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren und kam im März 2015 über Norwegen nach Deutschland. Nach der Ablehnung seines Asylantrags Ende 2016 lief das Abschiebeverfahren. Es fehlten aber noch die erforderlichen Papiere.

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