Einige Demonstranten haben sich einem Wasserwerfer der Polizei in den Weg gesetzt.
epd-bild/Peter Juelich
Was befürchtet wurde, trat ein: Schon vor dem offiziellen Beginn des Treffens eskalierten in Hamburg die Proteste gegen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
07.07.2017

Begleitet von massiven Protesten, teils schweren Ausschreitungen sowie Blockaden haben am Freitag in Hamburg die Beratungen des zweitägigen G20-Gipfels begonnen. Mehr als 1.000 Demonstranten versuchten im Laufe des Vormittags, die Zufahrtswege zum Tagungsort Messehallen zu blockieren. Einzelne autonome Gruppen zogen durch den Bezirk Altona, zerstörten Fensterscheiben und setzten Autos in Brand. Bei der "Welcome to hell"-Demonstration am Donnerstagabend war die Lage zeitweise eskaliert. Nach Polizeiangaben wurden 160 Beamte verletzt, einige durch Stahlkugeln.

Wie viele Demonstranten verletzt wurden, sei noch offen, sagte Andreas Beuth, Sprecher der Autonomen-Demonstration. Es habe aber drei Schwerverletzte gegeben, einer sei in einem "kritischen Zustand". Die Polizei habe Tote in Kauf genommen. Die Polizei verteidigte ihr Eingreifen. Zahlreiche Einsatzkräfte seien an verschiedenen Stellen in der Stadt angegriffen worden, hieß es.

"Politisch schlecht"

Beuth indes machte die Polizei für die Eskalation verantwortlich. Sie habe die friedliche Demonstration ohne Not angegriffen. Danach hätten sich "marodierende Kleingruppen" gebildet. Das Anzünden von Anwohner-Autos sei "politisch schlecht", sagte der Anwalt. Er könne die Wut der Protestierer aber verstehen.

Am Freitagmorgen versuchten mehrere Hundert Demonstranten, die Arbeit im Hafen zu blockieren. Es sei gelungen, zahlreiche Zufahrtstraßen und die Köhlbrandbrücke lahmzulegen, sagte Demo-Sprecher Timon Simons. Dadurch sei es zu langen Staus gekommen. Hafen und Welthandel seien Ausdruck des kapitalistischen Systems. Eine Demonstration und zwei Kundgebungen auf der Elbinsel Wilhelmsburg blieben friedlich.

Aktionen am Abend

Am Morgen trat ein Demonstrationsverbot zwischen dem Flughafen und der südlichen Altstadt in Kraft. Jana Schneider vom Block G20 sagte, es sei aber gelungen, die Zufahrt der deutschen Delegation kurzfristig zu besetzen. Der Zufahrt der US-Delegation sei man zumindest nahe gekommen. An der Alster setzte die Polizei Wasserwerfer ein, um eine Sitzblockade zu beenden. Nach Angaben der Veranstalter vom Mittag nahmen 5.000 Aktivisten an den Blockaden teil. Weitere Aktionen seien bis zum Abend geplant.

Auch in unmittelbarer Nähe des Messegeländes versuchten G20-Gegner, Zufahrten zu blockieren. Im Schanzenviertel zogen sie Mülltonnen und Paletten auf die Fahrbahn. Polizisten vertrieben die Demonstranten und räumten die Hindernisse beiseite.

In Altona war es am Morgen erneut zu schweren Ausschreitungen gekommen. So griffen rund 60 Vermummte eine Polizeistation am Bahnhof Altona an. Drei Fahrzeuge wurden beschädigt, ein Beamter verletzt. Videos zeigen, wie kleine Gruppen Vermummte durch die Straßen ziehen und systematisch Scheiben einschlagen und Autos in Brand setzen, ohne dass die Polizei vor Ort ist.

Anwaltlichen Kontakt behindert

Laut Polizei kam es bis zum Vormittag zu 65 Festnahmen und 15 Ingewahrsamnahmen. Rechtsanwältin Gabriele Heinecke vom Anwalt-Notdienst beklagte, dass die Polizei einen Kontakt der Anwälte zu Festgenommenen behindert habe.

Rund 20.000 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sichern das G20-Treffen, weitere Einheiten sollten am Freitag nach in Hamburg verlegt werden. Die Polizei geht davon aus, dass 8.000 gewaltbereite Autonome in der Stadt sind. Der größte Demonstrationszug mit bis zu 100.000 Teilnehmern wird für Samstag erwartet. Angesichts der Ausschreitungen rief die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs zur Besonnenheit auf. "Gewalt darf niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein", sagte sie. Nur friedlicher Protest sei glaubwürdig.

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