Deniz Yücel
epd-bild/weltN24/Axel Springer
Politischer Druck hat nicht zur Freilassung von Deniz Yücel geführt. Der Fall ist aber vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gelandet, dem auch die Türkei unterworfen ist. Stiftungen und Verbände pochen weiter auf eine Entlassung.
06.07.2017

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt von der Türkei eine Stellungnahme zum Fall des inhaftierten Journalisten Deniz Yücel. Das Schreiben an die Regierung in Ankara sei am Dienstag übermittelt worden, teilte eine Sprecherin des EGMR am Donnerstag in Straßburg mit und bestätigte damit einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstag). "Die der türkischen Regierung gesetzte Frist, um ihre Darlegungen einzureichen, ist auf den 24. Oktober 2017 festgelegt worden", erklärte die Sprecherin weiter.

Wesentliche Voraussetzung

Yücel hatte Anfang April beim EGMR Beschwerde gegen seine Inhaftierung eingelegt. Die Stellungnahme der türkischen Regierung ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Entscheidung des Gerichtes. Auch die deutsche Regierung ist nach Angaben der Gerichtssprecherin über das Schreiben an Ankara informiert worden. Wenn die Bundesregierung "in das Verfahren einzugreifen wünscht", müsse sie den Gerichtshof vor dem 26. September informieren, erläuterte sie. Yücel hat sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft.

Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig teilte unterdessen am Donnerstag mit, dass der Journalist den "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" 2017 erhält. Stiftungsvorstand Stephan Seeger erklärte, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Regierung würden die Forderung nach einer Rückkehr zur Pressefreiheit und nach Freilassung willkürlich verhafteter Journalisten ebenso wenig loswerden wie "die Verantwortung für ihr politisches Handeln, für das sie eines Tagen werden Rechenschaft ablegen müssen".

Ernsthaft und streitbar

Neben Yücel wird auch die türkische Journalistin Asli Erdogan geehrt, die ebenfalls von der türkischen Justiz verfolgt wird. Die Preise sind mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und werden am 6. Oktober in Leipzig verliehen. Yücel und Erdogan nähmen das "einstige Demokratieversprechen der türkischen Republik" ernst und würden wegen ihrer kritischen Berichterstattung verfolgt, teilte die Stiftung mit. Sie gingen ihrer Arbeit ernsthaft und streitbar nach. Die Medienstiftung vergibt den Preis seit 2001 jedes Jahr an Journalisten, Verleger und Institutionen, die sich für Medienfreiheit engagieren.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wiederholte mit Blick auf den G20-Gipfel in Hamburg seine Forderung nach der Freilassung Yücels. Sein "Verbrechen" sei nichts anderes als kritischer und unabhängiger Journalismus gewesen, sagte der Vorsitzende Frank Überall am Donnerstag in Berlin. "Deniz Yücel gehört sofort auf freien Fuß!"

Wegen Volksverhetzung angeklagt

Der 43 Jahre alte "Welt"- Korrespondent Yücel sitzt seit rund vier Monaten wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda in der Türkei in Einzelhaft. Im Februar hatte er sich selbst bei der türkischen Polizei gemeldet, weil gegen ihn im Zusammenhang mit der Berichterstattung über gehackte E-Mails von Energieminister Berat Albayrak ermittelt wurde. Albayrak ist ein Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Journalistin Asli Erdogan arbeitete laut Medienstiftung fast 20 Jahre für die linksliberale türkische Medienstiftung "Radikal". Im August 2016 wurde sie in der Türkei unter anderem wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation und der Volksverhetzung verhaftet.

Teaserbild