Der türkischen Amnesty-Direktorin Idil Eser wird die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation vorgeworfen. Die UN warnen vor einer Misshandlung Inhaftierter in türkischen Gefängnissen.
07.07.2017

Die deutsche Menschenrechtsbeauftragte Bärbel Kofler (SPD) und die Vereinten Nationen haben nach der Inhaftierung von Amnesty-Direktorin Idil Eser die Türkei aufgerufen, die Verfolgung von Kritikern einzustellen. Die türkische Regierung missbrauche offensichtlich ihre Antiterrorgesetzgebung, um Menschen zu verhaften, die ihre bürgerlichen und politischen Rechte wahrnehmen, sagte eine Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte am Freitag in Genf. Den inhaftierten Aktivisten drohten Folter und andere grausame, menschenunwürdige Behandlung.

Vorwurf: Mitgliedschaft in Terror-Vereinigung

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Kofler, forderte eine sofortige Begründung für die Festnahme und ein rechtsstaatliches Verfahren. Die anhaltende Strafverfolgung von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Oppositionellen in der Türkei drohe jene Kräfte zu ersticken, die für jede demokratische Gesellschaft unabdingbar seien.

Idil Eser war am Mittwoch mit sieben weiteren Menschenrechtlern, zwei Referenten und einem Hotelbesitzer bei einem Seminar in der Nähe von Istanbul festgenommen worden. Laut Amnesty wird ihr die Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Es liege ein Haftbefehl vor, auf dessen Grundlage sie voraussichtlich mindestens sieben Tage in Gewahrsam bleiben müsse, erklärte die Organisation. Unter den Festgenommen sind auch ein Deutscher und ein Schwede.

Seit vier Monaten im Hungerstreik

Der internationale Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty warf der Türkei grotesken Machtmissbrauch vor, der die prekäre Situation der Menschenrechte in dem Land beleuchte. Shetty appellierte an die am Freitag und Samstag in Hamburg tagenden Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten, von Präsident Recep Tayyip Erdogan klar und deutlich die Freilassung von inhaftierten Menschenrechtlern zu fordern.

Das UN-Menschenrechtskommissariat und Kofler erinnerten daran, dass vor einem Monat bereits der Vorsitzende der türkischen Sektion von Amnesty International verhaftet worden war. Taner Kiliç und sechs weitere mit ihm festgenommene Anwälte säßen bis heute in Haft. Ihnen werden Verbindungen zu der Organisation des im US-Exil lebenden Predigers Fethulla Gülen vorgeworfen. Zwei weitere ebenfalls inhaftierte Menschenrechtlerinnen sind nach UN-Angaben nach vier Monaten im Hungerstreik erheblich geschwächt.