Reiner Hoffmann
epd-bild/Juergen Blume
Angespuckt, beschimpft, geschlagen: Tausende Polizisten, Lehrer oder Jobcenter-Mitarbeiter werden Opfer von Gewalt im Dienst. Gewerkschaften fordern mehr Bewusstsein für das Thema von den Chefs - und mehr Personal.
16.06.2017

Gewerkschaften und Beamtenvertreter fordern von der Politik und von Arbeitgebern mehr Einsatz gegen Gewalt am Arbeitsplatz. "Jeder Übergriff ist einer zu viel und muss verhindert werden", sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, am Freitag bei einer Expertenveranstaltung in Berlin. Die Dienstherren dürften das Thema "Gewalt gegen Beschäftigte" nicht länger tabuisieren und die Mitarbeiter nicht länger alleinlassen.

Vor allem im Öffentlichen Dienst ist Gewalt gegen Beschäftigte ein Problem: Angaben aus der Kriminalstatistik zufolge wurden im vergangenen Jahr rund 72.000 Polizisten Opfer von Gewalttaten im Dienst. In einer Forsa-Umfrage berichtete nahezu jeder zweite Lehrer über verbale Attacken, etwa ein Fünftel über physische Gewalt.

Sparpolitik kritisiert

Hoffmann kritisierte die Sparpolitik im Öffentlichen Dienst. Man wisse, dass die Beschäftigten oft am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten. "Allein bei der Polizei gehen die angesammelten Überstunden in die Millionenhöhe", sagte der DGB-Chef. Er forderte verstärkte Investitionen in Personal und Ausstattung im Öffentlichen Dienst.

An der Veranstaltung nahmen auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) teil. De Maizière wies darauf hin, dass beispielsweise Stellen im Polizeidienst aufgestockt wurden. Allerdings müsse man sich auch stärker um diejenigen kümmern, die Gewalterfahrungen gemacht haben und nun wieder in den Dienst müssten.

Auch der Deutsche Beamtenbund äußerte sich besorgt über die zunehmende Gewalt im Öffentlichen Dienst. "Wir haben solche Erfahrungen leider gemacht, dass gerade die Vorgesetztenebene versucht, es unter den Teppich zu kehren", sagte der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, im rbb-Inforadio. "Wir haben inzwischen aber einen Bewusstseinswandel."

Für Alarmknöpfe plädiert

Man gehe davon aus, dass künftig alles erfasst werde, was mit Gewalt zu tun hätte, damit man die Dimension, die Quantität und Qualität von Gewalt auch gerade gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes besser einschätzen könne. Konkret sprach sich Dauderstädt für Alarmknöpfe oder die Arbeit in Großraumbüros aus, um Gewalt zu verhindern.

Bundesjustizminister Maas erinnerte bei der Veranstaltung daran, dass vor allem Hass und Hetze zunehmend über soziale Medien transportiert würden. Maas betonte, dass man auch die "Opfer von Meinungsfreiheit" besser schützen müsse. Als Beispiel nannte er Flüchtlingshelfer, die sich nach Beschimpfungen und Attacken letztlich aus ihrem ehrenamtlichen Engagement zurückzogen.

Er verteidigte in diesem Zusammenhang das von ihm vorgelegte Gesetz zur Eindämmung von Hasskriminalität im Internet. Die Kritik, das Gesetz würde die Meinungsfreiheit beschränken sei teilweise absurd, sagte Maas. Das Internet sei eine große Chance. Aber Regellosigkeit sorge auch für weniger Freiheit.

Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die Bundesregierung dafür sorgen, dass rechtswidrige Inhalte in sozialen Netzwerken schneller gelöscht werden. Bei Verstößen müssen Betreiber wie Facebook mit einer Geldbuße in Höhe von mehreren Millionen Euro rechnen. Das Gesetz soll bis Ende Juni im Bundestag verabschiedet werden.

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