Knapper hätte die Wahl kaum ausfallen können: Mit 26 Ja-Stimmen wurde Stefan Raue zum neuen Deutschlandradio-Intendaten gewählt. Im Vorfeld hatte es Unmut über die Entscheidung gegeben, den MDR-Chef als einzigen Kandidaten zur Wahl zu stellen.
08.06.2017

Der MDR-Chefredakteur Stefan Raue wird neuer Intendant des Deutschlandradios. Der Hörfunkrat habe den 58-Jährigen bei seiner Sitzung am Donnerstag in Köln gewählt, teilte das Deutschlandradio mit. Von den 36 anwesenden Mitgliedern des Gremiums hätten 26 mit ja gestimmt. Zudem habe es neun Gegenstimmen und eine Enthaltung gegeben. Damit wurde die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit knapp erreicht. Raue hat die Wahl nach Angaben des Deutschlandradios angenommen und wird sein Amt zum 1. September antreten. Er folgt auf Willi Steul, der das Amt vorzeitig zur Verfügung stellt.

"Der richtige Mann"

Der Vorsitzende des Hörfunkrates, Frank Schildt, sagte, Raue sei "der richtige Mann, um das Profil von Deutschlandradio in der Debatte zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter zu schärfen." Zudem dankte er dem scheidenden Intendaten für seine Arbeit.

Raue sagte, für die Zukunft des Senders sehe er vor allem Entwicklungschancen in der "weiteren Profilierung der Programmangebote", der Diskussion über den Auftrag und die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und "der Arbeit an einer digitalen Zukunft" mit Formaten für die junge Zielgruppe.

Raue wurde 1958 in Wuppertal geboren und war unter anderem als Journalist beim WDR und der Deutschen Welle tätig. Ab 1995 arbeitete er beim ZDF, unter anderem als stellvertretender Leiter der "heute"-Redaktion. Seit 2011 ist Raue Chefredakteur des MDR in Leipzig.

Der MDR-Chef wurde vom Verwaltungsrat als einziger Kandidat für die Nachfolge Steuls vorgeschlagen. Der Vorschlag sorgte in dem Gremium für Unmut: Der Chef der Stuttgarter Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski (Grüne), hatte sich im April für eine "hausinterne" Lösung ausgesprochen und Programmdirektor Andreas-Peter Weber für das Amt favorisiert. Für Raue sah Murawski zu dem Zeitpunkt keine Mehrheit im Hörfunkrat. Schildt kündigte nach der Wahl am Donnerstag an, die Kritik am Wahlverfahren aufzunehmen und die Initiative zu ergreifen, um die Rolle des Hörfunkrats zu stärken.

40 Mitglieder des Hörfunkrats

Der bisherige Intendant Steul hatte im November angekündigt, vorzeitig zurückzutreten. Regulär liefe die Amtszeit des 66-Jährigen noch bis 2019. Der Sender benötige aktuell einen Nachfolger, der auch über das Jahr 2019 hinaus eine aktive Rolle in der Debatte um die langfristige Finanzierung, den Auftrag und die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spielen könne, begründete Steul die Entscheidung. Er leitet das Deutschlandradio bereits seit April 2009.

Nach den Regeln des Deutschlandradio-Staatsvertrags wird der Intendant von den 40 Mitgliedern des Hörfunkrats auf Vorschlag des achtköpfigen Verwaltungsrats gewählt. Sowohl der Beschluss des Verwaltungsrats über den Vorschlag als auch die Wahl des Hörfunkrats benötigen eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Das Gremium besteht aus Vertretern der Länder und des Bundes sowie gesellschaftlich relevanter Gruppen. Deutschlandradio sendet drei Programme: Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova.