Radpilger in Potsdam auf dem Weg zum Kirchentag nach Berlin
epd-bild/Rolf Zoellner
Mehr als 100.000 Dauerteilnehmer, Barack Obama und ein Schlussgottesdienst am Ursprungsort der Reformation: Der evangelische Kirchentag in Berlin ist ein Christentreffen der Superlative. Die Veranstalter hoffen auf zukunftsweisende Debatten.
24.05.2017

Der evangelische Kirchentag in Berlin will Antworten auf zentrale Fragen menschlichen Zusammenlebens erörtern. Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au nannte am Mittwoch wenige Stunden vor Eröffnung des Protestantentreffens unter anderem die Folgen weltweiter Konflikte und die Zukunft Europas als Kernthemen. So klar wie lange nicht mehr stehe aktuell vor Augen, wofür Christen einstehen müssten, sagte die Schweizer Theologin Aus der Au. Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag findet unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt.

Besondere Aufmerksamkeit

Veranstalter und Sicherheitsbehörden erklärten vor Beginn des fünftägigen Christentreffens, dass nach dem Terroranschlag von Manchester das Sicherheitskonzept noch einmal überprüft worden sei. Zu dem Christentreffen haben sich mehr als 106.000 Dauerteilnehmer angemeldet; zusätzlich wird mit etwa 38.000 Tagesgästen gerechnet. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, er habe die Einsatzleitung um besondere Aufmerksamkeit auch beim Ende von Veranstaltungen gebeten. Die Einsatzkräfte seien professionell aufgestellt, hundertprozentige Sicherheit könne aber nicht versprochen werden. Bei den drei Eröffnungsgottesdiensten am Abend sollte auch der 22 Todesopfer des Anschlags von Manchester gedacht werden.

Das alle zwei Jahre veranstaltete Protestantentreffen steht unter der biblischen Losung "Du siehst mich". Der Kirchentag finde in einer Zeit des rasanten Umbruchs statt, sagte Aus der Au und verwies auf die Krisen und Kriege, Flucht und den Zusammenhalt Europas. Den Kirchentag sieht sie dabei nach eigenen Worten als Ort, an dem sich in Kirche und Gesellschaft engagierte Menschen mit Verantwortungsträgern unter anderem aus der Politik austauschen können, um danach "getragen und motiviert" ihren Einsatz zu Hause fortzusetzen.

Regionale Christentreffen

Beim Kirchentag werden neben dem früheren US-Präsidenten Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz viele weitere Bundes- und Landespolitiker erwartet. Nach der Eröffnung sind bis Sonntag knapp 2.500 Veranstaltungen geplant, darunter neben Diskussionen mit Spitzenpolitikern auch zahlreiche Gottesdienste und Großkonzerte. Zum Abschluss wird es einen zentralen Gottesdienst in Wittenberg geben, in den auch die parallel in Mitteldeutschland stattfindenden sechs "Kirchentage auf dem Weg" münden. Die sechs regionalen Christentreffen in Leipzig, Erfurt, Magdeburg, Halle/Eisleben, Jena/Weimar und Dessau-Roßlau haben jeweils unterschiedliche Themenschwerpunkte. Zu den "Kirchentagen auf dem Weg" werden 40.000 Teilnehmer, Mitwirkende und Helfer erwartet.

Der Kirchentag in Berlin und der Abschlussgottesdienst in Wittenberg sind zugleich Höhepunkte im Festjahr zu 500 Jahren Reformation. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.