Am Mittwoch startet der evangelische Kirchentag in Berlin. Einige Programmpunkte - wie der Besuch Obamas und eine Diskussion mit der AfD - werden mit Spannung erwartet, aber auch skeptisch betrachtet.
22.05.2017

Kurz vor dem Start des evangelischen Kirchentags in Berlin und Wittenberg regt sich Kritik an einzelnen Veranstaltungen des großen Protestantentreffens. Die Initiative "Kein Publikum für die AfD" rief die Besucher am Montag dazu auf, die geplante Diskussion mit einer Vertreterin der AfD nicht zu besuchen. Die Veranstaltung war von Beginn an umstritten. Die Linkspartei stört sich indes an dem prominenten Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama. Der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Dietmar Bartsch, warf Merkel in der "Passauer Neuen Presse" (Montag) Wahlkampf vor und stellte die Frage, wer den Aufwand für das Gespräch am Brandenburger Tor bezahlt.

Kein Honorar für Obama

Obama wird am Donnerstag mit der Bundeskanzlerin auf dem Kirchentag über den Einfluss des christlichen Glaubens auf die persönliche Gestaltung der Politik reden. "Politik auf dem Kirchentag ist gut, Instrumentalisierung für den Wahlkampf problematisch", sagte Bartsch. Nach Angaben der Veranstalter bekommt Obama für seinen Kirchentagsauftritt kein Honorar. SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz nimmt am Freitag an einer Diskussionsrunde des Kirchentags teil. Auch Spitzenpolitiker anderer Parteien haben Auftritte beim Protestantentreffen, darunter Linken-Parteichefin Katja Kipping.

Bei ihrer Diskussion auf großer Bühne wollen Obama und Merkel auch mit jungen Menschen ins Gespräch kommen. Vier junge Erwachsene - zwei aus den USA und zwei aus Deutschland - werden einen Teil der Diskussion am Donnerstag am Brandenburger Tor in Berlin mitbestreiten, wie die Obama Foundation am Montag mitteilte. Die Obama Foundation, die die Veranstaltung gemeinsam mit dem Kirchentag organisiert, rief zudem dazu auf, über ihre Internetseite Wunschthemen für das geplante Gespräch einzureichen.

Die vieldiskutierte Podiumsdiskussion mit einer AfD-Vertreterin findet am Donnerstag zeitgleich zum erwarteten Besuch Obamas statt. Der Berliner Bischof Markus Dröge und die Publizistin Liane Bednarz werden mit Anette Schultner von der Vereinigung "Christen in der AfD" diskutieren. Dass der Kirchentag anders als der Katholikentag AfD-Vertreter nicht grundsätzlich vom Programm ausgeschlossen hatte, sorgte wiederholt für Kritik.

Einseitigkeit des Kirchentags

Später verbreitete Bilder von einem evangelischen Bischof und einer Funktionärin der AfD "würden dem Ansehen des Kirchentags und der Arbeit der Kirche schaden", begründen die Sprecher der Initiative "Kein Podium für die AfD" ihren Widerstand gegen die Veranstaltung. Zudem werde der AfD vor der Bundestagswahl am 24. September eine Wahlkampfbühne geboten. Die Initiatoren selbst wollen vor der Veranstaltung Bischof Dröge die Listen mit rund 1.600 Unterschriften einer vor einigen Wochen gestarteten Online-Petition gegen den AfD-Auftritt überreichen.

Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig wiederholte demgegenüber seine Kritik an einer teilweisen Einseitigkeit des Kirchentags. Punktuell seien Kontroversen zwar durchaus erwünscht: "Aber strukturell gibt es doch eine gewisse kulturelle Hegemonie des sogenannten Links-Protestantismus", sagte Heinig im Deutschlandfunk. Der Kirchentag lasse bestimmte Positionen nur ungern zu.

Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag findet vom 24. bis 28. Mai in Berlin und Wittenberg statt. Das alle zwei Jahre veranstaltete Protestantentreffen steht im Zeichen des 500. Reformationsjubiläums. Parallel zu den zentralen Veranstaltungen in Berlin werden in Mitteldeutschland sechs regionale "Kirchentage auf dem Weg" gefeiert. Zusammen führen sie zum Festwochenende nach Wittenberg. Zum Festgottesdienst auf den Elbwiesen im Süden der Lutherstadt Wittenberg werden für den 28. Mai mehr als 100.000 Menschen erwartet.