Vater mit Kind auf dem Arm beim Fläschchen geben
Väter bekommen für alles, was sie mit ihren Kindern machen, meist sehr viel mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung.
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Warum werden Väter so ausgiebig gelobt?
Undank ist der Mütter Lohn
Warum werden wir Väter andauernd ausgiebig für Dinge gelobt, die Mütter selbstverständlich machen? Und wenn es so ist, ist es dann falsch?
Tim Wegner
04.04.2024
2Min

Vor ein paar Monaten kam ich ins Stutzen - wegen eines Kompliments. Ich war mit meinem kleinen Sohn über das Wochenende zu meinen Eltern gefahren. Er war zu diesem Zeitpunkt etwas älter als ein halbes Jahr. Jemand aus meinem näheren Umfeld schrieb mir: "Ich finde es ganz, ganz große Klasse, dass du das machst. Dazu gehört viel Mut und Kraft!"

Ich habe mich damals sehr über dieses unerwartete Lob gefreut. Natürlich war ich ein bisschen nervös vor der zweieinhalbstündigen Zugfahrt mit einem Baby. Andererseits war ich gut vorbereitet: Fläschchen, Milchpulver, Windeln, Bodys usw. waren (von meiner Frau) vorgepackt und meine Eltern würden mich vor Ort unterstützen. Ich war auch schon vorher öfter alleine mit unserem Kind unterwegs - nur noch nicht so lange am Stück. 

Das Lob motivierte mich. Aber hat meine Frau so positiven Zuspruch auch schon erfahren? Nein, sagte sie. Sie war bis dahin schon dreimal mit dem Kind alleine zu Verwandten gefahren. Es ist ja kein Geheimnis, dass unsere Gesellschaft wesentlich höhere Erwartungen an Mütter als an Väter stellt. Und doch hat es mich in diesem Fall überrascht. 

Mitglied im Elternbeirat? Toller Vater!

Eine kleine (nicht repräsentative) Umfrage unter den Vätern in meinem Freundeskreis ergab: Sie alle wurden schon häufiger für scheinbar normale Tätigkeiten gelobt, für die ihre Frauen bzw. Freundinnen nicht mal ein Schulterzucken erhalten. Zum Beispiel, weil sie mit dem kranken Kind zum Kinderarzt gegangen sind, weil sie als Mann Mitglied im Elternbeirat sind, weil sie die Kita-Eingewöhnung übernommen haben oder zum Eltern-Kind-Treff gehen. Und am häufigsten, wenn sie mehr als zwei Monate Elternzeit genommen haben.

Ein Freund schrieb mir auf die Rückfrage, ob er sich über das Lob gefreut hat: "Wer wird denn nicht gerne für irgendwas überraschend gelobt? Andererseits ist das etwas, wofür Frauen bestimmt nicht gelobt werden, weil es von ihnen erwartet wird - und das vergällt es einem dann wieder." Was also tun? Väter weniger loben? Damit sie demütiger werden und ihr Vater-Sein und die dazugehörigen Aufgaben nicht als besondere Leistung ansehen, sondern als das, was es ist, nämlich Eltern-Alltag?

Ich persönlich glaube, dass das gerade jetzt, da sich das Bild des modernen Vaters, der sich aktiv und gleichberechtigt in die Erziehung einbringt, erst nach und nach etabliert, falsch wäre. Die meisten Menschen freuen sich über Anerkennung. Und eine aktive Vaterrolle ist noch mit vielen Unsicherheiten verbunden. Auch das alte Rollenbild des Manns als Versorger der Familie hängt noch in den Köpfen vieler Menschen. Erst neulich erschien zum Weltfrauentag eine Umfrage, der nach 35 Prozent der Millenials und 26 Prozent der Gen Z fanden, es sei "unmännlich", wenn ein Mann zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert.

Leseempfehlung

Bestärkung und Bestätigung für Tätigkeiten rund um die Kindererziehung, in die fast alle Eltern sehr viel Energie und Zeit stecken, ist ein Weg, solche altertümlichen Ansichten aufzubrechen. Vor allem in einer Gesellschaft, die Wertschätzung jahrzehntelang fast nur über ökonomische Leistung und beruflichen Erfolg zugestanden hat.

Wie wäre es stattdessen, auch den Müttern mehr Anerkennung im Alltag zukommen zu lassen? Das kann jeder sofort ausprobieren. Sagen Sie doch der nächsten Mutter oder dem nächsten Vater, der oder dem Sie begegnen, dass sie das gut machen mit den Kindern. Manchmal hilft auch schon ein wohlwollender Blick oder ein verständnisvolles Lächeln, wenn ein offensichtlich gestresster Elternteil versucht, im Supermarkt ein schreiendes Kind zu bändigen. Denn das kann in solchen Situationen ganz schön entlasten.

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Kolumne

Michael Güthlein
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Konstantin Sacher

Michael Güthlein und Konstantin Sacher sind Väter: ein (1) und drei Kinder (10, 7, 5). Beide erzählen über ihr Rollenverständnis und ihre Abenteuer zwischen Kinderkrabbeln und Elternabend, zwischen Beikost und Ferienlager. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen; sie schreiben im Wechsel.