Geschlagene Sahne mit Maroni-Pürree: Das Mont-Blanc-Dessert
Geschlagene Sahne mit Maroni-Pürree: Das Mont-Blanc-Dessert
Sbk
Ein wenig Trost
Der Herbst wartet mit gesunden Esskastanien auf - früher Arme-Leute-Essen, heute alternatives Super-Food



18.10.2023

Auf unserem Schulweg gab es einen Maroni-Mann. Er verkaufte im Herbst und Winter geröstete Maroni, an denen man sich regelmäßig die Finger verbrannte. Aber von innen her haben sie einen freundlich gewärmt, so, dass man sich auch in schwierigen Situationen etwas getröstet fühlte. Dann, wenn man zuhause einen Verweis unterschreiben lassen musste oder wusste, dass man eine Klassenarbeit ziemlich sicher verhauen hatte.

Gut, dass es Maroni-Männer und -Frauen heute noch gibt. Der Bedarf an Trost ist groß. Natürlich kann er bei den heutigen Schrecknissen nicht mit Essen gedeckt werden. Dennoch braucht es kleine Inseln, auf die man sich für einen Moment zurückziehen kann, um neue Kraft zu sammeln. Kostbare Augenblicke, die nichts vergessen lassen – die aber helfen, sich zu sammeln, um wieder ganz da zu sein, für sich selbst und für andere. 

Alternative für Weizen

Maronen oder Esskastanien machen warm. Früher, im Mittelalter, waren sie vor allem in Südeuropa das Hauptnahrungsmittel armer Leute. Aus den Früchten der Edelkastanie konnte und kann man Mehl herstellen – eine echte Alternative für alle, die kein Gluten, also kein Klebereiweiß vertragen. 50 gr süßliches Kastanienmehl, Farina Dolce, sagen die Italiener, ersetzen 100 gr Weizenmehl. Es eignet sich für Brot und Kuchen, auch für Gnocchi.

Wie so oft wird irgendwann aus Arme-Leute-Essen zuerst Zeug, das keiner mag, weil ihm der Geruch peinlicher Bedürftigkeit anhaftet. Dann vergeht einige Zeit und das Ganze ist schicke Delikatesse oder Super Food, das man haben muss, will man alternativ sein. Besser wäre, wir würden ohne Getue auf die Einsichten der Altvorderen schauen und von ihrer tiefen regionalen Verbindung mit der Natur lernen.

Heute gibt es weltweit etwa 1000 Sorten von Esskastanien. Allein im Land der Haute Cuisine, in Frankreich, werden 500 Sorten kultiviert. Ich kaufe sie gerne frisch und röste sie wie eine Maroni-Frau – daheim im Ofen, kreuzweise eingeschnitten. Das erinnert mich an Zeiten, in denen ich noch glaubte, dass die Welt in Ordnung sei. Die sind längst vorbei. Aber für ein paar Minuten ist es schön, ein wärmendes Kindheitsgefühl zu verspüren.  

Die Kastanien gibt es auch vakuumverpackt. So halten sie sich lange und können jederzeit verwendet werden: Püriert oder als Gröstl für Suppen, in Butter geschwenkt als Beilage zu Blaukraut und dem Fleisch, das man damit serviert. Appetitlich im Nudelauflauf oder in einer Selleriesauce. Maronen sind eine feine Füllung in festlichen Braten und Rouladen - und köstlich kandiert auch für Bratäpfel.

Maronen, die Aminosäuren und Proteine enthalten, haben nur ein Drittel der Kalorien von Nüssen. Deswegen empfehle ich getrost einen Klassiker: Das Mont Blanc-Dessert. Für vier Portionen braucht es 250 ml geschlagene und gesüßte Sahne. In die kommt ein glattes Püree aus reichlich 100 gr gekochten, mit Zucker sowie ordentlich Kirschlikör angereicherten Maronen. Die Mischung aus Sahne und Maronen verziere ich mit einer eingelegten Kirsche.

Manchmal muss es in bitterer Kälte nicht warm, sondern nur für ein Weilchen ein bisschen süß sein. 

Von der Kolumne zum Buch:
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