Foto: Tillmann Franzen
15.11.2010

Müssen wir eigentlich in einem Fußballverein oder im Fanclub unserer Lieblingsmannschaft sein, wenn wir Fußballbegeisterte sind?

Müssen wir denn gleich in eine politische Partei eintreten, wenn wir uns politisch engagieren wollen? Und vor allem: Sind wir diesem Fußballclub und dieser Partei dann lebenslang verbunden? Schulden wir ihnen unsere Treue, auch wenn sie unseren Erwartungen nicht mehr entsprechen, auch wenn sie uns Ärgernisse bereiten und enttäuschen? Diese Fragen beantworte ich mit einem klaren Nein.

Müssen wir eigentlich in einer Kirche sein, um unseren christlichen Glauben zu leben? Hier gilt mein klares Ja, denn wir können unseren Glauben nicht ohne Kirche leben. UnsereKirchen sind grundsätzlich zu unterscheiden von Fußballvereinen und politischen Parteien!

Die Bibel malt uns die Kirche so vor Augen: Die Kirche ist wie ein lebendiger Organismus. Sie ist der Leib Christi. Durch die Taufe werden wir in diesen Körper eingegliedert: Wir werden zu einem Glied am Leib Christi. So ist es im 1. Brief an die Korinther zu lesen. Dieses Bild macht uns deutlich, dass unser Kirchesein einen Lebenszusammenhang begründet, den wir nicht einfach wieder beenden können.

Was bedeutet das aber für Kirchenaustritte, die ja zweifellos möglich sind? Unsere Kirchen sind Institutionen, die rechtlichen, soziologischen und psychologischen Bedingungen unterliegen wie alle anderen Institutionen auch. Unsere Kirchen sind fehlerhaft, auch die Menschen in ihr, die sie leiten, sind nicht makellos.

Glied am Leib Christi zu sein ist etwas anderes als eine Vereinmitgliedschaft

Durch unsere Taufe werden wir nicht nur Glieder am Leib Christi, sondern auch Mitglieder einer ganz bestimmten Kirche an einem ganz bestimmten Ort zu einer ganz bestimmten Zeit. Diese Mitgliedschaft kann auch beendet werden. Können wir aber Glied am Leib Christi sein, ohne gleichzeitig zu einer konkreten Kirche zu gehören?

Diese Frage stellt sich uns, wenn wir von Missbrauch und Misshandlungen durch Geistliche in kirchlichen Einrichtungen hören.

Diese Frage stellt sich uns, wenn wir uns über das Reden oder Handeln unseres Pfarrers oder unserer Pfarrerin ärgern.

Diese Frage stellt sich uns auch, wenn wir begeistert von einem Evangelischen oder - wie eben erst - von einem Ökumenischen Kirchentag in München in einen öden Alltag unserer Heimatgemeinde zurückkehren.

Diese Frage stellt sich uns nicht zuletzt, wenn unsere Überzeugungen über die Grundfragen unseres Glaubens nicht mit der nötigen Klarheit und Entschiedenheit von unserer Kirche vertreten werden.

Dann erscheint es uns verlockend, aus der Kirche auszutreten und nur noch kirchliche Veranstaltungen wahrzunehmen, die uns zusagen. Und die dadurch gesparten Kirchensteuern könnten wir dann uns sinnvoll erscheinenden kirchlichen Zwecken spenden.

Ich meine: So verlockend uns das auch erscheinen mag - mit dem christlichen Glauben ist es nicht vereinbar. Denn unser christlicher Glaube richtet sich nach Christus: "Zwei oderdrei" sind schon nötig, damit er "mitten unter uns" ist (Matthäusevangelium, Kapitel 18). Nur dann können wir uns nach ihm nennen.

Kirche ist immer beides: geglaubter Leib Christi und gelebte Gemeinschaft der Glaubenden. Und das liegt an Christus selbst. Gemeinschaft mit ihm ist nur gleichzeitig in verbindlicher und verlässlicher Gemeinschaft miteinander zu haben.

Unser Glaube braucht eine kirchliche Heimat und unsere Kirchen brauchen kritisch-solidarische Gläubige.

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