Beten ist Hoffnung
Beten ist Hoffnung
Marie Maerz/Photocase
"Beten ist Hoffnung"
Der Neurologe Boris Cyrulnik forscht zur Resilienz, der Fähigkeit, mit Traumata umzugehen. Im Oktober erschien sein Buch "Glauben – Psychologie und Hirnforschung entschlüsseln, wie Spiritua­lität uns stärkt" auf Deutsch.
04.12.2018

chrismon: In Ihrem Buch untersuchen Sie die Verbindung zwischen der Psyche und dem Glauben. Was macht Glaube mit uns?

Boris Cyrulnik: Lassen Sie mich etwas über den präfrontalen Cortex erzählen, der ein Teil unseres Gehirns ist. Eine seiner Aufgaben ist es, die Amygdala zu beruhigen. Wenn die aktiviert ist, fühlt man so etwas wie Hass, Verzweiflung, Angst oder Traurigkeit. Aber sobald jemand anfängt zu beten, kann das die Amygdala herunterfahren, und man fühlt sich besser.

Wie kommt das?

Der präfrontale Cortex ermöglicht es uns zu antizipieren. Wir leben dadurch nicht nur im Hier und Jetzt, sondern können uns eine mögliche Zukunft vorstellen.

Boris Cyrulnikimago/Leemage

Boris Cyrulnik

Boris Cyrulnik, 81, ist Professor für Verhaltensforschung an 
der Université de Toulon in 
Frankreich.

Beten stärkt also die Hoffnung?

Beten ist Hoffnung. Die Hoffnung, dass Gott unser Leben in Zukunft zum Besseren wendet. Dadurch stärkt der Glaube an Gott unsere Fähigkeit, uns von traumatischen Erlebnissen zu erholen und vielleicht sogar stärker aus der Situation hervorzugehen.

Wie wichtig ist es für die Psyche, dem Leiden einen Sinn zu geben?

Sehr wichtig! Atheisten führt das Leiden nicht weiter. Aber wenn ich an Gott glaube, kann ich meinem Leiden einen Sinn verleihen. Sinn verändert die Wahrnehmung.

Zum Beispiel?

Jemand arbeitet hart in einem Steinbruch und verdient dabei wenig Geld. Wenn er weiß, dass die Steine zum Bau einer Kathedrale gebraucht werden, nimmt er die gleiche Arbeit, das gleiche körperliche Leiden, völlig anders wahr. Es ist wichtig, Dingen einen Sinn zu geben.

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