Sind die Katholiken fit fürs Reformationsjubiläum? Es sind noch drei Jahre bis zur großen Jubelfeier. Die katholische Kirche ist sich noch unschlüssig, wie sie auf die Lockversuche der Protestanten reagieren soll
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
21.05.2014

chrismon Redakteur Eduard Kopp

Ein Ökumenesignal ausgerechnet aus Regensburg? Ein Appell der katholischen Kirchenbasis, die Reformationsfeiern 2017 gemeinsam mit den evangelischen Kirchen zu feiern? Heute verbinden nicht wenige katholische Christen mit der Stadt an der Donau den Namen des konservativen Kardinals und Chefs der vatikanischen Glaubensbehörde: Gerhard Ludwig Müller war bis 2012 Bischof von Regensburg. Seither hat er die Aufgabe, Theologie und Konfession „sauber“ zu halten und nicht etwa wagemutig nach neuen theologischen Ufern aufzubrechen. Und dazu zählt nicht zuletzt, dass aus vatikanischer Perspektive die evangelischen Kirchen keine wirklichen Kirchen sind. Aber Regensburg ist für ein paar kleine Überraschungen gut.   

2017 jährt sich zum 500. Mal der Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg, durch die der Theologieprofessor die Ablasspraxis der (katholischen) Kirche öffentlich zur Diskussion stellte und so einen ersten Anstoß zur Reformation gegeben hat. Am Reformationstag im Jahr 2017, dem 31. Oktober, ist deshalb ein feierlicher Höhepunkt des Gedenkens geplant, und zwar für alle Kirchen der Reformation.

Die Frage ist nur: Wird sich auch die römisch-katholische Kirche diesen Feiern zugesellen – und wie? Die Katholikentagsdebatte „500 Jahre Reformation – Können Katholiken mitfeiern?“ zeigte, dass hier vieles noch so unklar ist wie bei den Katholikentagsbesuchern. Die Meinungen gehen erheblich auseinander. Was gibt es zu feiern an einer Kirchenspaltung, die in fast 500 Jahren etliche Glaubenskriege und unmessbares persönliches Leid über die Menschen gebracht hat? So fragen Skeptiker der Ökumene. Eine Mehrheit in den Kirchen ist weniger ängstlich und verweist darauf, dass die Trennungen in zahlreichen Punkten überwunden sind und die Konfessionen sehr viel voneinander gelernt haben. Unübersehbar nähern sich die Kirchen einander an. Ein Reformationsjubiläum wie 1817, das als nationales Einigungsfest begangen wurde, oder jenes im Ersten Weltkrieg, bei dem Opferbereitschaft und Durchhaltewillen gepredigt wurden, könnten nicht im Geringsten als Vorlage für 2017 dienen. 

„Wir müssen noch gut weiter nachdenken“

Eine gute, wenn auch nicht ganz neue Nachricht: Die katholische Kirche ist evangelischer geworden. Nur drei Beispiele: Die Bedeutung der Laien in der Kirche ist gewachsen. Das eigenständige Studium der Bibel hat auch in der katholischen Kirche zugenommen. Und schon lange ist Deutsch die Sprache in den Gottesdiensten, so wie Luther und andere Reformatoren es vorgemacht haben. Sollte, muss die katholische Kirche nicht dankbar dafür sein, dass sie von evangelischer Seite zur Besinnung gerufen wurde? Soll man nicht feiern, was sich positiv verändert hat?

Ob und wie sich die katholische Kirche an den Reformationsfeiern in drei Jahren beteiligen wird, das ist allerdings noch offen. Gerhard Feige, katholischer Magdeburger Bischof und Vorsitzender der bischöflichen Ökumenekommission, stellt nichts Konkretes in Aussicht: „Wir müssen noch gut weiter nachdenken.“ Er wünscht sich für die Zukunft, dass die Konfessionen nach 2017 „einander näher, nicht ferner sein werden“. Und einen gut vorbereiteten Akt der gegenseitigen Vergebung. 

Lockrufe aus den Kirchen der Reformation

Die Locksignale von evangelischer Seite sind freundlich und unüberhörbar. Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin der evangelischen Kirche, umwirbt die Katholiken mit einigen Ideen, zum Beispiel dieser: „Wir könnten zusammen pilgern. Papst Franziskus hat ein großes Gespür für Symbole. Wir alle brauchen solche lebendigen Zeichen.“ Ein ganzer „Sommer der Reformation“ mit vielen Anknüpfungspunkten für Katholiken steht ihr vor Augen. Wichtig ist ihr, dass Begegnungen auch grenzüberschreitend sind, zum Beispiel zwischen Deutschen und Tschechen, wodurch auch der Reformator Jan Hus gebührend gewürdigt würde.    

Locksignale auch aus dem internationalen Luthertum. Der finnische Bischof Eero Huovinen, einer der Vorsitzenden der internationalen katholisch-lutherischen Dialogkommission,
baute den Katholiken eine Brücke: „Martin Luther kann uns vieles lehren, vieles über Bildung, Freiheit, Musik, Toleranz, Politik, Welt und so weiter. Aber das Allerwichtigste ist das befreiende Evangelium.“ Deshalb erkennt er auch im Motto des Katholikentags (”Mit Christus Brücken bauen”) „ein katholisches und zugleich reformatorisches Motto“. Auch der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat die Bedeutung der Ökumene unterstrichen. Er freue sich, dass katholische und evangelische Christen beim Katholikentag gemeinsam ein Glaubensfest feierten und neu auf die Botschaft Jesu Christi hörten, „die allein uns wieder zusammenzuführen vermag“, sagte er in einer Predigt.

Die Basis ist offen

Sind die Katholiken fit für das evangelische Reformationsfest 2017? Die katholische „Basis“, soweit in Regensburg vertreten, lässt dies eindeutig erkennen. Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der organisierten Laienschaft, registriert diese katholische Offenheit der Basis aufmerksam.

Ein gemeinsames Fest wäre ohne Zweifel nicht nur ein kirchenpolitisches Zeichen, das weltweit mit Sympathie und Erleichterung registriert würde. Protestanten und Katholiken würden dadurch Geschichte schreiben.

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