...da wird auch dein Herz sein
2200 Veranstaltungen auf 640 Seiten – ganz schön dick, das Programmheft für den Evangelischen Kirchentag in Dresden. Aus den vielen, vielen Veranstaltungen vom 1. bis 5. Juni haben chrismon-Redakteure ihre persönlichen Favoriten herausgesucht
13.05.2011

Gesellschaft und Politik

Darf man Nazis konfirmieren?
S. 146, Donnerstag, 15–18 Uhr
Eine drängende Frage, nicht nur für Gemeinden in den ostdeutschen Bundesländern. Ein interaktives Planspiel will Wege für den Umgang mit Rechts­ex­tremismus finden. Die Leitung hat Reinhard Höppner, Ministerpräsident a. D. (Christine Holch)

Wer bin ich, und wer ist mein Freund?
S. 131, Freitag, 15–17 Uhr
Wer bin ich?, das ist nicht nur die Frage, die chrismon seinen Leserinnen und Lesern neulich stellte. Sondern die Frage, die sich jeder stellen muss, spätestens wenn er im Netz unterwegs ist. Ob mit richtigem Namen oder mit Nickname – ist es eine Chance oder eine Gefahr, dass ich virtuell ein ganz anderer sein kann als im wirklichen Leben? Es diskutiert Bundesinnenminster Hans-Peter Friedrich mit der Sprecherin vom Chaos Computer Club, Constanze Kurz. Und mit Vertretern sozialer Netzwerke. (Ursula Ott)

Gefallen – Öffentliches Gedenken: Zwischen Heldenverehrung und Gewaltkritik
S. 476, Freitag, 11–12.30 Uhr
Kann sein, dass friedensbewegte Besucher da eine Hemmschwelle überwinden müssen: Die Podiumsdiskussion findet statt im Exerzierhaus der Offizierschule des Heeres in der Albertstadtkaserne. Moderiert von Dorothea Siegle (Magazin JS), diskutieren unter anderen der evangelische Militär­bischof Dr. Martin Dutzmann, der EKD-Friedenbeauftragte Renke Brahms und der Generalleutnant Rainer Glatz (siehe „Be­gegnung“) darüber, wie man der toten Soldaten gedenken kann: Funktioniert die kollektive Selbstverständigung noch? (Anne Buhrfeind)

Demenz: Was kann ich tun?
S. 135, Freitag, 14.30–16 Uhr
Demenz ist eine tückische Volkskrankheit. Der Patient erkennt sich selbst nicht mehr, fühlt sich einsam und unverstanden. Betreuung und Pflege führen oft auch die Angehörigen an ihre Grenzen. Wie können betroffene Familien unterstützt werden? Die Veranstaltung fragt insbesondere auch danach, was Diakonie und Kirchengemeinden tun können. (Timon Müller)

Ohne Kohle und Atom: Die Energie­versorgung der Zukunft
Freitag, 15–18 Uhr
Kohlestrom? Ist nicht gut fürs Klima! Atomstrom? Tschernobyl und Fukushima erinnern daran, dass das Restrisiko zur Katastrophe werden kann. Die Alternativen stehen bereit: Sonne, Wind und Biomasse liefern heute fast ein Fünftel des Stroms, den wir in Deutschland verbrauchen. In Zukunft soll dieser Anteil weiter steigen. Wie kann das gelingen? Darüber diskutieren ­unter anderen Alfred Buß, Präses der westfälischen Kirche, und Johannes Remmel, Umweltminister des einwohnerstärksten Bundeslands Nordrhein-Westfalen. (Nils Husmann)

Demokratie lernen nach dem Kommunismus
S. 146, Samstag, 11–13 Uhr
„Wir sind das Volk!“, schallte es bei den Montagsdemonstrationen in der DDR im Herbst 1989. Die Mauer fiel, das Ende des Eisernen Vorhangs. Doch der Übergang vom Kommunismus zur Demokratie war nicht so einfach. Wie ist dieser Prozess verlaufen? Alles prima? Wurden Chancen verpasst? In der Kreuzkirche diskutieren unter anderen die ehemaligen Ministerpräsidenten Lothar de Maizière (DDR) und Tadeusz Mazowiecki (Polen). (Timon Müller) 

 

Welt und Umwelt

Was macht das Brot an der Börse? Globale Märkte und die Zukunft des Essens
S. 163, Donnerstag, 15–18 Uhr
Man kann sein Geld in viele Dinge investieren, sogar in Gundnahrungsmittel wie Kakao, Zucker oder Weizen. Auf dieser Veranstaltung spricht unter anderen Michael Windfuhr, stellvetretender ­Direktor des Deutschen Instituts für Menschenschrechte, über die Spielregeln solcher Spekulationen und wer sie bestimmt; der Hohenheimer Agrarökonom Franz Heidhues erklärt, wer spekuliert und wer gewinnt; Fulbert Steffensky gibt einen geistlichen Impuls. (Mareike Fallet)

Ist ohne Christen Staat zu machen?
S. 170, Freitag, 15–18 Uhr
Auf dem Podium sitzen Kirchenver­treter aus Ungarn, Polen, Österreich, Tschechien und Deutschland. Diskutiert wird die Frage: „Ist ohne Christen Staat zu machen? Zum Verhältnis Kirche, Demokratie und Staat.“ Interessant sind vor allem die „O-Töne“ von Menschen, die in Osteuro­pa ja oft schon während des Kommunismus aktive Kirchenmitglieder waren. Was ist anders geworden seit damals? Welche neuen Probleme haben die alten abgelöst? (Dorothea Heintze)

Der Sudan am Scheideweg?
S. 166, Freitag, 15–18 Uhr
Und jetzt: pressen! Und: weiter atmen... Die Geburt von Afrikas jüngstem Staat Süd­sudan ist noch nicht zu Ende. Anfang Juli wird er sich endgültig vom Sudan abspalten und unabhängig werden. Und dann: Kind wohlauf? Eher nicht. 20 Jahre Bürgerkrieg haben eine marode Infrastruktur und Wirtschaft hinterlassen, die Menschen leiden unter Hunger und Krankheiten. Aber es gibt Rohöl in rauen Mengen und damit eine Chance, die Armut zu überwinden. Sudanesische und europäische Politiker, Entwicklungsdienstler und ­Kirchenleute berichten, wie man um ­Frieden und Stabilität ringt. (Hanna Lucassen)

Essen im Eimer, Filmvorführung und Gespräch mit dem Regisseur Valentin Thurn
S. 192, Freitag, 20.30–21.30 Uhr
Offizielle Zahlen gibt es nicht, nur Schätzungen: Etwa 20 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland auf dem Müll, mehr als die Hälfte von dem, was produziert wird – obwohl es noch ­genießbar wäre: Joghurts kurz vor dem Verfalldatum, Äpfel mit braunen Stellen, Kartoffeln, die zu klein oder zu groß für den Handel sind. Ein Film über Verschwendung, wie es dazu kommt, und was man dagegen tun könnte. (Mareike Fallet)

Der Nahe Osten im demokratischen Aufbruch. Eine Chance für die christlichen Minderheiten?
S. 180, Samstag, 19.30–21.30 Uhr
Wie oft wurden die Hoffnungen der Christen im Nahen Osten auf mehr gesellschaftliche Bewegungsfreiheit enttäuscht? Der demokratische Aufbruch dort be­deutete nicht automatisch, dass sich die Situation der Kirchen verbesserte. Der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich war lange Jahre Propst in Jerusalem, ist bestens vertraut mit den politischen und religiösen Verwerfungen in der Re­gion. Er diskutiert beim Podium „Christen im Na­hen Osten“ mit Journalisten und Nahostexperten. (Eduard Kopp)

 

Theologie und Glaube

Wie viel Frau verträgt das Pfarramt?
S. 202, Donnerstag, 14.30–16 Uhr
Sie sind eher der Muttityp und selten wirklich intellektuell. Die vielen neuen Frauen im Pfarramt. Hat er echt gesagt, der streitbare Theologe Friedrich-Wilhelm Graf. Na, da wird ja was los sein, denn gegen ihn treten an: die derzeit einzige Bischöfin Ilse Junkermann. Die Theo­logieprofessorin Isolde Karle. Die Dresdener Pfar­rerin Margrit Klatte. Und der genderfreundliche Männerarbeiter Martin Rosowski. Und – wetten – jede Menge aufgebrachte Amazonen im Plenum. (Ursula Ott)

Keine Versöhnung ohne Opfer?
S. 115, Freitag, 15–18 Uhr
Eines der spannendsten theologischen Themen der Gegenwart ist die Opfertheologie: Ist der dramatische Tod Jesu am Kreuz Voraussetzung und Kern der Versöhnung Gottes mit den Menschen? Hat Gottvater seinen Sohn mit Absicht und Vorbedacht zu Tode quälen lassen, um die Menschen von der Last ihrer Sünden und ihrer Schuld zu befreien? Wie und ob der Tod Jesu einem Plan Gottes entspricht oder ob Jesu Wirken auch ohne sein tödliches Ende der Versöhnung gedient hat – um die­se Fragen dreht sich die Diskussion. Petra Bosse-Huber, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, und der Gießener Theologieprofessor Erhard Gerstenberger streiten mit anderen darüber, was hinter dem theologischen Gedanken steht, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, zugespitzt gesagt: ob Gott auf Blut steht. (Eduard Kopp)

Liebe, Lust und Leidenschaft: Sexualität und Partnerschaften im Christentum und im Islam
S. 111, Samstag, 15–18 Uhr
Haben wir es nicht oft in Medien ge­lesen: Christen und Muslime haben unterschiedliche Vorstellungen zum Thema Sexualität. Christen sehen sich selbst gern als frei und selbstbestimmt, muslimische Frauen aber vielfach als unterdrückt. Muslime hegen nicht selten den Argwohn, dass es im Westen irgendwie normenlos, beliebig zugeht. Wie steht es wirklich um Sexualität und Partnerschaft bei den Mitgliedern der beiden Glaubensgemeinschaften? Was haben Religion und Sex miteinander zu tun? Margot Käßmann, Theologieprofessorin in Bochum, und Hilal Sezgin, ­Berliner Schriftstellerin und Journalistin, geben Hintergrundinformationen. Menschen beider Glaubensgemeinschaften ­berichten von ihren Erfahrungen. (Eduard Kopp)

Gottesdiensttester gesucht
S. 123, Samstag, 11–12.30 Uhr
Die Predigt war leider unverständlich – nur wer sagt’s dem Pfarrer? In England kritisieren Mystery Worshippers den Gottes­dienst, in Deutschland kommt manchmal ein Redakteur von chrismon plus (siehe Gottesdienstkritik). Ansonsten wird Pfarrern und Pfarrerinnen wenig bis gar nicht gespiegelt, was sie so am Sonntag­vormittag treiben. Christian Binder und Folkert Fendler, beide vom ­Hildesheimer Zentrum für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst, wollen nun „die Kunst der Rückmeldekultur einüben“. Wie sie das wohl anstellen wollen? Am besten hingehen und selber rausbekommen! (Burkhard Weitz)

Politisches Nachtgebet und Friedensgebet
S. 48, Freitag, 21.30–23 Uhr
S. 50, Samstag, 21–22 Uhr

Seit 1986 bewahrt die Dresdner Kreuzkirche (am 13. 2. 1945 nach Luftangriff ausgebrannt) ein besonderes Kreuz auf: das Nagelkreuz aus der englischen Kathedrale von Coventry (am 14. 11. 1940 nach Luftangriff ausgebrannt). Jeden Freitag um 12 Uhr betet die Kreuzgemeinde hier für Frieden und Versöhnung nach der Ordnung von Coventry. Logisch, dass beim Kirchentag hier das Politische Nachtgebet und das Friedensgebet hingehören. Diesmal ist die Teilnahme fast schon ein Muss! (Burkhard Weitz)

 

Kultur und Sport

Was haben wir aus dem Fall Robert Enke gelernt?
S. 214, Freitag, 11–13 Uhr
Am 10. November 2009 nahm sich National­torwart Robert Enke von Hannover 96 das Leben. Seine Depressionen hatte er nie offenbart. Nach Enkes Tod war der Chor der Mahner laut: auch im Profisport müsse es möglich sein, Schwächen zu ­zeigen. Keine zwei Jahre später hing beim 1. FC Köln ein Plakat: „Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot.“ Sigi Paulat von der Initiative „Sportler rufen Sportler“ dis­kutiert mit Fußballtrainer Colin Bell und Extremsportler Marco Hösel: Was haben wir aus dem Fall Robert Enke gelernt? (Nils Husmann)

Workshop: Posaune spielen
S. 370, Freitag, 15–16.30 Uhr
Blech blasen. Wollte ich schon immer mal probieren. Der Kirchentag ist dafür ideal: Ungewohnte Töne anstimmen – wo, wenn nicht hier? Mitarbeiter des Braunschweiger Posaunenwerks helfen dabei. Vielleicht klingt’s sogar ganz gut. (Hanna Lucassen)

Russendisko – Tanzen bis zum Ende
S. 180, Samstag, 22–24 Uhr
Lustig und melancholisch wird es zugehen bei der Russendisko mit dem Autor Wladimir Kaminer. Er kam 1990 als jüdi­scher Kontingentflüchtling aus Russland nach Berlin. „Russendisko“ meinte einst Lokale, die Russischstämmige besuchen. Heute ist das ein Musikstil, der russische Folklore mit neuen Elementen verbindet. (Christine Holch) 

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