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Bist du’s, 195.227.81.66?
Sie geben „chrismon.de“ ein – und Ihr Internet findet uns. Toll! Aber Sie hinterlassen Spuren, warnt ein Informatiker
Tim Wegner
21.04.2015

chrismon: DNS? War das nicht irgendwas aus der Biologie?

Dominik Herrmann: Ja, auch. Für mich als Informatiker steht die Abkürzung aber für „Domain Name System“. Das ist ein Dienst, den jeder nutzt, der ins Internet geht.

Was macht dieser Dienst?

Jeder Nutzer hat eine IP-Adresse – und jede Internetseite auch. Der DNS-Dienst sucht für den Browser des Nutzers die IP-Adresse einer Domain, zum Beispiel „chrismon.de“. Ohne DNS müssten wir immer eine Ziffernkolonne in die Adressleiste eingeben.

Ist doch nützlich!

Ja. Und unbedenklich, solange der DNS-Server von dem Anbieter betrieben wird, der den Internetzugang bereitstellt, etwa T-Online. Der unterliegt dem hiesigen Datenschutz. Etwa jeder Zehnte hat aber bereits den DNS-Anbieter gewechselt. Medien haben das empfohlen. „Lahmes Internet? Wie wäre es mit einem anderen DNS-Server!“ Viele sind bei Google.

Do Not Track

Werbe-Adds, Cookies, Pop-Up-Fenster und Tracking - wer blickt da noch durch? Einen Überblick bietet episode2.donottrack-doc.com/de/.

Auf der Seite können Sie außerdem den Check machen - was weiß der Betreiber mit Hilfe von Cookies über mein Surfverhalten?

Macht das einen Unterschied?

Ich finde: Ja. Denn welchen Datenschutz­bestimmungen unterliegt mein neuer DNS-Server? Und was weiß so ein Server über mich? Meine Vermutung war: Nicht viel.

Warum?

Weil die meisten Internetanbieter dynamische IP-Adressen vergeben. Wir sind also jeden Tag unter einer anderen IP-Adresse online. Ich dachte, 24 Stunden reichen nicht aus, um ein Nutzungsverhalten zu erkennen.

Und diese Annahme war falsch?

Das ist zu befürchten. Ich habe ein automatisiertes Verfahren entwickelt und damit unter anderem zwei Monate lang das Surfverhalten von über 12 000 Studierenden und Uni-Mitarbeitern analysiert. Ich hatte für dieses Experiment die DNS-Daten, die ein DNS-Anbieter auch gehabt hätte. 76 Prozent der Nutzer konnte ich wiedererkennen. Das liegt daran, dass jeder Mensch Lieblings­seiten hat, die er täglich aufruft. Etwa eine Nachrichtenseite, einen Mailanbieter und die Homepage des Lieblingsvereins. So entsteht ein charakteristisches Bild.

Und das interessiert Werbetreibende?

Ja, dann müssten sie nicht mehr Techniken wie Cookies verwenden, um mich bei meinen Aktivitäten im Internet zu verfolgen. Für die Polizei kann das hilfreich sein: Ist bekannt, welche Seiten sich ein noch unbekannter Straftäter angesehen hat, wäre er mit einiger Plausibilität zu erkennen, wenn er seinem Nutzungsmuster treu bleibt. Geheimdienste finden das sicher auch interessant.

Und wenn man sein Nutzungsmuster für sich behalten will?

Muss man vor jeder Sitzung das Telefonkabel ziehen – sofern ­ der eigene Internetanbieter zu denen zählt, die danach bei jeder Einwahl eine neue IP-Adresse vergeben.

Und in zehn Jahren?

Können wir uns hoffentlich jederzeit und ohne Komfortverlust beim Surfen mit einer neuen IP-Adresse ausstatten. Ein charakteristisches Nutzerverhalten wäre dann über das DNS nicht mehr zu ermitteln.

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