28.02.2012

Schade, die deutschen Spender scheinen nicht die hellsten zu sein: „Gutgläubig stellen sie ihr Geld zweifelhaften Vereinen zur Verfügung, nicht wissend, welche miese Maschinerie sich hinter der betrügerischen Helferfassade verbirgt,“ schreibt Stefan Loipfinger. Etwa fünf Milliarden Euro spenden die Deutschen jährlich. Nach Angaben von Loipfinger landet nur ein Teil davon bei denen, die Hilfe benötigen.

Stefan Loipfinger ist Journalist und hat 2008 das Online-Portal „charitywatch.de“ gegründet, um gemeinnützigen Organisationen auf die Finger zu schauen. In seinem Buch stellt er seine Erfahrungen zusammen. Er schildert, mit welchen Tricks einige als gemeinnützig anerkannte Organisationen ein Großteil der Spenden für eigene Zwecke ausgeben, etwa für dicke Dienstwagen, Meetings an Urlaubsorten oder Partys.

Spendenwesen wird kaum kontrolliert

Immerhin gibt es in Deutschland 566000 Vereine und 17.000 Stiftungen. Viele Vereine werden vom Finanzamt als gemeinnützig eingestuft. Stefan Loipfinger legt dar, dass die Gemeinnützigkeit – einmal verliehen – nur selten überprüft wird. Auch der Staat übt wenig Kontrolle über das Vereinswesen aus. Lediglich ein einziges Bundesland, nämlich Rheinland-Pfalz, unterhält eine Behörde zur Kontrolle des Spendenwesens, die „Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier“. Sie ist jedoch personell nur dünn ausgestattet. Immerhin verbietet sie jährlich zehn bis 15 dubiose Spendensammlungen. Die übrigen Bundesländer kontrollieren das Spendenwesen nicht.

Laut Loipfinger setzen einige Organisationen Drückerkolonnen ein, um Spender zu gewinnen. Andere verweigern einen Einblick in ihre Finanzen. Und wieder andere haben sich Tricks ausgedacht, um die Margen zwischen Spendeneinnahmen und Ausgaben für wohltätige Zwecke undurchschaubar zu machen.

Polemische Kritik

Leider ist das Buch in einem dauerempörten Grundton gehalten, so dass es ermüdend zu lesen ist. Gleich im Vorwort stellt sich Loipfinger als Opfer einer Spendenmafia dar, die ihn wegen seiner Recherchen diffamiert. Diese Informationen wären im Anhang besser aufgehoben, damit sich der Leser zunächst ein Bild machen kann von den Aussagen des Autors.

Die Kritik an den Spendenorganisationen ist in einem polemischen Stil geschrieben. „Und ohne gleich Begriffe wie Selbstschutzgruppe oder Bürgerwehr ins Spiel zu bringen, könnten spontane Eigeninitiativen aufgebrachter Bürger zu unabsehbaren Folgen führen“, schreibt Loipfinger etwa über einen Aufruf gegen unseriöse Spendensammlungen in Celle. Durch diese Formulierung bringt Loipfinger indirekt eben doch Begriffe wie „Bürgerwehr“ ins Spiel – ein rhetorischer Trick, der der Sache nicht gut tut.

Staat soll stärker kontrollieren

Den Bereich Entwicklungspolitik streift Loipfinger nur kurz. Er hat recherchiert, dass ein hoher Anteil der Zuwendungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Inland an politische Stiftungen der Parteien fließen, die die Gelder weitgehend unkontrolliert verwenden würden.

Loipfinger will niemanden vom Spenden abhalten, wie er ausdrücklich sagt, doch er fordert stärkere Kontrollen des Staates ein. Das Spendensiegel DZI hält er für vertrauenswürdig, doch werden nur etwa 260 Organisationen mit dem Siegel ausgestattet, unter ihnen allerdings die größten Spendensammler. Loipfinger macht auf ein wichtiges Thema aufmerksam, doch wirkt sein Auftreten marktschreierisch – nicht zuletzt dient ihm das Buch als Werbung für seine Online-Plattform.

Stefan Loipfinger: Die Spendenmafia. Schmutzige Geschäfte mit unserem Mitleid Knaur Verlag 2011, 270 Seiten, 8,99 Euro

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