Klara auf der fertigen Balustrade
Alles so neu hier: Klara auf der fertigen Balustrade
Benjamin Zinck
Klaras Balkon
Jetzt lächelt das Schloss Dreilützow wieder. Freiwillige im Denkmalschutz.
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
27.09.2018

Klara könnte eigentlich froh sein. Nach einem Jahr in der mecklenburgischen Provinz geht sie nun zum Studieren in die Stadt. Aber die Neunzehnjährige packt eher wehmütig ihre Koffer. Ja, das Dorf Dreilützow hat keine Kneipe, ­keinen Supermarkt, und ohne Auto kommt man hier kaum weg, aber "ich war hier sehr glücklich. Ich fühlte mich ­gebraucht und anerkannt." Klara hat ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Denkmalschutz gemacht, sie lebte und arbeitete im Schloss Dreilützow nahe Schwerin, in dem heute ein Landschulheim untergebracht ist.

Fundraising, Zimmern, Führungen durchs Schloss

Eine ihrer Aufgaben: dem Schloss "das Lächeln ­wiedergeben". Die Säulenbrüstung des Balkons über dem Haupteingang ("das Lächeln") war in den 90er ­Jahren ­zerfallen, sie sollte wiederaufgebaut werden – mit ­Hilfe einer Spendenaktion, die Klara organisierte. 15 000 ­Euro mussten zusammenkommen. Die Abiturientin entwarf Flyer, schrieb Briefe und Artikel, fand Paten für die 51 Baluster, die Stuckateure nach historischem Vorbild ­gossen. Nebenher zimmerte sie auch, legte Wand­malereien frei, führte Schulklassen durch den Grusel­dachboden. "Ich habe viel ausprobiert", sagt sie.

Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff

Hanna Lucassen

Hanna Lucassen ergründet das Miteinander. Sie war Krankenschwester, studierte Soziologie, arbeitet heute als freie Journalistin in Frankfurt und leitet ein diakonisches Projekt gegen Einsamkeit im Alter. In chrismon bloggte sie unter dem Titel Pflegeleicht. Für den Fastenkalender von 7 Wochen Ohne sucht sie nach schönen Texten.

Das FSJ im Denkmalschutz gibt es seit 1999. Junge Leute können es bei einer von bundesweit 14 Betreuungsstellen absolvieren, den sogenannten Jugendbauhütten. Name und Konzept lehnen sich an die mittel­alterlichen Bauhütten an: Handwerksgemeinschaften, in denen Lehrlinge und Meister auf den Bau­stellen ­zusammenarbeiteten. "So lernt man am ­meisten", sagt Martin Bettermann, Leiter der Jugendbauhütte ­
Wismar, zu der auch Klaras Einsatzstelle gehört. Die jährlich etwa 20 Teilnehmer sind in der Region um Wismar verteilt und arbeiten in Museen, Restaurationswerkstätten, Architekturbüros oder eben im Landschloss. Sie besuchen auch Seminare, etwa zu Archivierung, Kunstgeschichte oder traditionellen Handwerkstechniken. "Wir möchten den Blick für unser historisches Kulturgut schärfen. Und die Lust wecken, es zu erhalten", sagt Bettermann.

Viele Absolventen bleiben im Denkmalschutz

Die Hälfte der Jugendbauhütten liegt in der ehe­maligen DDR, die erste entstand 1999 in Quedlinburg im Ostharz. Dort restaurierte eine Jugendgruppe unter An­leitung ein Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert und lebte auch ­darin. Heute wohnen die Teilnehmer meistens für sich oder in WGs. Man sei trotzdem eng verbunden, sagt Klara. Und auch deshalb ist sie ein bisschen traurig. Jetzt wird jeder seiner Wege gehen. Viele Absolventen beginnen eine Ausbildung oder ein Studium im Bereich ­Res­taurierung und Denkmalschutz. Klara hat entdeckt, dass ihr die Arbeit mit Kindern Spaß macht, sie wird in Fulda Soziale Arbeit studieren. Vorher aber wird sie noch feiern: ihren Abschied und die Einweihung der Balustrade. 
Die ist jetzt fertig.

Spendeninfo

Einen Überblick über die einzelnen Jugendbauhütten sowie Informationen
 zum Bewerbungsverfahren gibt
es bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unter dem Stichwort Jugendbauhütten.  
 
Viele weitere Stellen für ein Freiwilligenjahr findet 
man in der evangelischen Freiwilligenbörse Ein Jahr freiwillig.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.