Hilfe für Moldawien
Ausrangiert – und so nützlich
Der medizinisch-technische Standard in Deutschland ist hoch. Selbst originalverpackte Artikel dürfen nicht zurückgenommen werden. Der Verein Iceflower bringt Medizintechnik nach Moldawien, vom Duschstuhl bis zum Zahnbohrer
Nina Hammers verteilt Wichtelpäckchen an die Kinder
Immer dabei, wenn Nina Hammers mit dem Laster kommt: ein Wichtelpäckchen für die Kinder
Ice-Flower
Tim Wegner
28.02.2024

Neulich kam wieder ein Anruf von einer Entrümpelungsfirma. Eine Villa, in der eine pflegebedürftige Seniorin bis zu ­ihrem Tode gelebt hatte, sollte ausgeräumt werden. Nina Hammers setzte sich in ihren Pkw mit Anhänger und fuhr los: "Da war ein riesiger Schrank, voll mit Hygieneartikeln, Windeln, Vorlagen, Einwegspritzen. Dazu ein supertoller Rollstuhl und zwei fast neue Rollatoren." Die Entrümpler "mit Herz", wie Nina Hammers sie nennt, packten mit an und ruckzuck waren Auto und Anhänger voll. Für Nina Hammers und ihren Verein Iceflower e. V. ein guter Tag.

Der medizinisch-technische Standard in Deutschland ist hoch. Hygieneverbrauchsartikel, selbst wenn sie originalverpackt sind, dürfen wie in dem oben beschriebenen Fall nicht vom zuständigen Sanitätshaus zurückgenommen werden. Auch Krankenhäuser und Arztpraxen müssen funktionstüchtige Geräte ­ersetzen, wenn sich Standards oder Vorschriften ändern. "Mich beschämt, was hier weggeschmissen werden soll, obwohl es in anderen Ecken der Welt so dringend gebraucht und genutzt wird", sagt Nina Hammers, 47. Die dreifache Mutter leitet zusammen mit der ehemaligen Anästhesistin Marie-Louise Verspohl, 73, den kleinen, aber schlagkräftigen Verein, der sich darum kümmert, dass ausrangierte Medizintechnik in Moldawien weiter genutzt werden kann.

Warum Moldawien oder wie es richtig heißt: Republik Moldau? "Hier endet die EU", sagt Marie-Louise Verspohl. Eine moderne Hauptstadt, ein bitterarmes Land, wo ­Hühner noch über die Straße laufen und Spenden vom ­Sattelschlepper auf den Kleintransporter ­umgeladen ­werden müssen. Der große Laster könnte in den Dörfern nicht rangiert werden, erzählt Nina Hammers. Und: ­"Eine von uns beiden ist immer dabei." Der seit Jahrzehnten ­gepflegte persönliche Kontakt mit Menschen in der ­Republik Moldau garantiert, dass nur dort ein ­modernes Ultraschallgerät ausgeladen wird, wo auch jemand ­arbeitet, der oder die dafür ausgebildet ist.

Lesen Sie hier die Kulturkolumne von chrismon von Johann-Hinrich Claussen

Der Name Iceflower stammt aus der Zeit, als Lübecker Geschäftsleute, darunter auch Floristen, den Verein gegründet hatten. Hammers und Verspohl haben ihn vor über 20 Jahren übernommen. Sie arbeiten ehrenamtlich, im Team mit zwei Handvoll aktiven Vereinsmitgliedern und mit Unterstützung des Technischen Hilfswerks, das die Fahrzeuge stellt. Die Fahrer nehmen Urlaub, alle ­ziehen an einem Strang. So wie neulich, als wieder ein Anruf kam: Eine Zahnarztpraxis gab auf, keine Nachfolge. Abgebaut wurde alles, vom Aktenschrank bis zum Bohrgerät. Penibel verpackt warten die Stücke jetzt im Lager in Hamburg auf den Transport. Für gute Zahnpflege, auch in Moldawien.

Infos über den Verein gibt es auch bei Instagramm

Spendeninfo

Der Verein freut sich über Sachspenden aus Norddeutschland (keine Kleidung, keine Medikamente); über Geldspenden und über neue, aktive Mitglieder. An die 10 000 Euro kostet eine Tour, die erste seit Corona startet Anfang April 2024.

Spendenkonto: Deutsche Apotheker- und Ärztebank
IBAN: DE59 3006 0601 0007 4665 44
Spendenstichwort: chrismon

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