Den Sabbat heiligen
Den Sabbat heiligen
Jörg Blobelt / Wikipedia
Den Sabbat heiligen
Eine lutherisch-evangelikale Feier. Und ein richtig guter Prediger
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
14.03.2022

Jakobikirche Freiberg, Sonntag 10 Uhr. Deutlich über 100 Menschen haben die Corona-­Kontrolle am Eingang bestanden und verteilen sich über die freigegebenen Bank­reihen. Nach Pandemieregeln ist die Kirche voll. "Schalom", begrüßt Pfarrer Daniel ­Liebscher. Das Mikro krächzt, übersteuert. In den hinteren Kirchenbänken regelt ein Tontechniker hektisch am Mischpult.

Liebscher stellt vor, wer heute alles mitmacht: "Techniker, Musiker, Kindergottesdienstmitarbeiter, Beter." Die Evangelischen in Freiberg treffen sich in der Jakobikirche zum Abschluss der Weltallianz-Gebets­woche. Der Anlass verheißt ein evangelikales Event. Aber im lutherischen Sachsen hält man sich an die traditionelle Liturgie: Orgelvor- und -nachspiel, Eingangsliturgie, ­Lesung, Glaubensbekenntnis, Predigt – mit einigen Anpassungen: Eine Band begleitet die Lieder, Liedtexte werden an die Wand über der ­Kanzel gebeamt, und zum Schluss sprechen "Beter" eine längliche Fürbitte, ­unterbrochen vom seichten Lobpreissong: "Ich will, dass Deine Liebe mich umgibt, überwältigt wie ­ Du bist, meine Sehnsucht ist, Dich tief zu kennen." Geschenkt.

Vorgeschmack auf die kommende Welt

Dafür predigt Toni Strunz, Pastor der Evangelisch-Kirchlichen Gemeinschaft Freiberg. Und der kann das richtig gut. Kaum sind die Kleinen zu den Klängen der Band ("Hier bist du richtig, du bist Gott wichtig") zum Kindergottesdienst ausgezogen, spielt die Technik ein hebräisches Lied ein – und dann tritt er ans Lesepult: schwarzer Anzug, Hemd. Toni Strunz erzählt von seinem ersten Sabbat in Israel in einer jüdischen Familie. Wie dieses Erlebnis ihm zur Kraftquelle wurde. Wie er erkannte: Den Sabbat kann man nur in Gemeinschaft heiligen.

Die Familie rückt in den Mittelpunkt, Beziehungen werden gepflegt. Er lernte, den Feiertag Gott zu widmen, den Gottesdienst nicht für eine läs­tige Pflicht zu halten, Dinge abzuschalten, "die sich einer Begegnung mit Gott in den Weg stellen". Im jüdischen Haus ist es der Fernseher. "Und ich bin überzeugt: Ihr werdet die Woche anders beginnen."

Der Sabbat, ein Vorgeschmack auf die kommende Welt, "die Perspektive Ewigkeit". Er befreie vom Druck, jede Minute effizient leben zu müssen, eine schöpferische Pause. – Strunz’ Predigt ist auf Youtube zu sehen und zu hören, es lohnt sich.

Zum Schluss segnet Pfarrer Liebscher. Und fügt hinzu: "Vergesst eure Kinder nicht." – Ach ja, die sind ja noch beim Kindergottesdienst.

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