Buchcover Baustellen der Nation
Ullstein Verlag
Baustellen der Nation - und Lösungsvorschläge
Wir könnten, wenn wir wollten...
"Baustellen der Nation" heißt das Buch von Ulf Buermeyer und Philip Banse, den Machern des Podcast Lage der Nation. Unbedingt lesenswert. Zum Thema Bauen habe ich Ulf befragt
Tim Wegner
07.12.2023

Vermutlich geht es mir wie vielen Menschen zur Zeit in Deutschland: Optimistisch in die Zukunft zu schauen, ist gar nicht so einfach. Was mir hilft? Sachlichen Gesprächen zuhören, Fakten und Hintergründe verstehen. Und genau das bekomme ich schon seit ein paar Jahren regelmäßig Woche für Woche frei Haus geliefert: "Lage der Nation" heißt der Podcast von Ulf Buermeyer und Philip Banse. Es gibt ihn seit 2016, 359 Folgen, und viele, wirklich viele Menschen hören ihn. In einem gut 90minütigen Gespräch klären die beiden (Buermeyer ist Jurist, Banse Journalist) jede Woche die politische Lage in Deutschland, "abschließend und umfassend", wie es bei ihnen immer im Abspann heißt. 

Was mich an diesem Podcast so fasziniert? Fast in jeder Lage gibt es konkrete Lösungsvorschläge, zu unterschiedlichen Themen. Natürlich auch immer wieder zu Fragen der Wohnungspolitik.

Vor kurzem erschien ihr Buch: "Baustellen der Nation". Bei dem Titel, so dachte ich, wird es sicher auch ein großes Kapitel über die Misere deutscher Wohnungsbaupolitik geben und hab mir den Band sofort besorgt.

Der "diskrete Charme der Blockade"

Fazit: Toll! Allein das Kapitel "Mehr Macht wagen" über den Föderalismus lohnt den Kauf. Wieso gehen gute Gesetzesprojekte in diesem Land nicht voran? Eben auch, weil alle (!) Oppostionsparteien den Bundesrat seit Jahren zum heimlichen Mitregieren nutzen. Ein ganz mieses Spiel, von den Gründereltern des Grundgesetzes keineswegs so gedacht, wie Philipp und Ulf nachvollziehbar erzählen. Das Dilemma könnte gelöst werden, nämlich mit einer Änderung des Grundgesetzartikels (Art. 52, Abs.3, Satz 1). Doch dafür müssten sich die demokratischen Parteien zusammentun. Dass die AfD an einer Reform kein Interesse hat, liegt auf der Hand: "Der diskrete Charme der Blockade" passt einfach genial ins Denken und Planen der Nazis und Antidemokraten. 

Was ist nun mit dem Bauen? Anders als gedacht gibt es kein Extra-Kapitel dazu. Und weil ich mehr wissen wollte, habe ich mit Ulf Buermeyer gezoomt: Wo seht Ihr die größten Probleme in der Wohnpolitik?

Vielen Dank, lieber Ulf

Es gibt, das weiß natürlich auch Ulf, viel, sehr viel Nachholbedarf. Das Hauptproblem, da waren wir uns beide schnell einig, sind die weitgehend erfolgte Privatisierung des Wohnsektors und eine strukturelle Unterfinanzierung der öffentlichen Hand: Wohnen darf kein Spekulationsobjekt sein. Ist es aber.

Auch das stetige Mantra "Bauen, Bauen, Bauen" nützt wenig, wenn nicht parallel dazu das bereits Bestehende besser genutzt wird. Kreative Ideen gibt es genug: Versteckten Wohnraum entdecken; die Pflicht zum Wohnungstausch einführen  oder Baumaterialien beim Abbruch alter Gebäude recyceln. Wer weiß, vielleicht schafft es ja eine dieser Ideen auch mal in die LdN.

Philip Banse und Ulf Buermeyer mit ihrem Buch, Ullstein Verlag

Und weil die LdN immer so konstruktiv ist, will ich hier jetzt auch noch was konstruktives extra für Euch beide, lieber Ulf und Philipp erzählen: In Hamburg nämlich schreitet die Digitalisierung (nein, kein Zynismus) voran. Nicht nur, dass ich mir letzte Woche komplett digital und super unproblematisch meinen Pass verlängert habe; gerade hat die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde bekannt gegeben, dass Bauanträge zukünftig digital eingereicht werden können. Da denke ich doch sofort an mein Ehrenamtsprojekt Gröninger Hof eG: Wir haben nämlich vor ein paar Monaten den Antrag eingereicht. Da noch schön brav auf Papier! Ob nun auch die Bearbeitungszeit (allein auf die Rückmeldung der Bauvor(!)anfrage mussten wir monatelang warten) durch die Digitalisierung verkürzt wird? Schaun wir mal!

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Kolumne

Dorothea Heintze

Dorothea Heintze lebt in einer Baugemeinschaft in Hamburg und weiß aus eigener Erfahrung: Das eigene Wohnglück finden ist gar nicht so einfach. Dabei gibt es tolle, neue Modelle. Aber viele kennen die nicht. Und die Politik hinkt der Entwicklung sowieso hinterher. Über all das schreibt sie hier.