Eigentlich bin ich gar nicht so alt
Warum nur soll man forever 33 sein? 53 ist doch viel schöner, findet Ursula Ott
Tim Wegner
23.03.2017

Eine Kollegin fragt, ob ich einen Beitrag in ihrem Yoga-Blog „Forever 33“ schreiben will. Schwierig, da mein Fitnessstudio schon in der Lobby die Generation ­Ü40 mit dem Werbeplakat „Glückwunsch zum 39.!“ begrüßt. Als ich dort Mitglied wurde, ergab ein ­„Fitness-check“, dass ich 49 bin. Die bittere Wahrheit ist aber: Ich bin 53.

Billige Marketingmasche, logo. Als ich auf den Check wartete, wurde einem jungen Muskelmann vor mir bescheinigt: „Dein Fitnessalter ist 29, das ist ja schon mal ziemlich gut, wenn du jetzt noch das mit dem fetten ­Kantinenessen in den Griff kriegst...“ Den Rest konnte ich nicht belauschen, ich vermute, sie haben ihm versprochen, dass er dann 21 wird. Oder 17? Was muss man tun, um minus eins zu werden? Würmer essen?

Der Jugendwahn bringt uns nicht gerade voran

So ein Quark! Natürlich ist es im Zeitalter der alternative facts völlig egal, welches Alter auf dem Per­sonalausweis steht. Und wenn „Focus Online“ an ganz normalen Wintertagen behauptet, draußen seien gefühlt minus 19 Grad, dann kann mir mein Fitnessstudio auch forever zum 39. gratulieren. Aber ich will doch mal feststellen, dass ich keinesfalls, no, no, und auch nicht mit yogischem Fliegen, noch mal 33 sein will. 33 war großer Mist. Doch noch ein Kind kriegen? Bundeskanzlerin werden oder Schafe hüten? Nach Afrika gehen und die Welt retten?

Das ist mit 53 alles geklärt, und jetzt kann ich sogar fett in der Kantine essen. Klar ist das prima mit dem Sport, aber wie es sich in meinen ­mittleren Jahren gehört, war ich erst mal beim Hausarzt. Ergebnis: „Sie sind altersgemäß ­gesund.“ Klingt nicht so sexy wie 39, ist aber völlig in Ordnung in einer Welt, in der viele Menschen nicht mal 33 werden. Okay, das ist jetzt sehr streng. Aber ich glaube tatsächlich nicht, dass der Jugendwahn das ist, was uns gerade voranbringt.

Letzte Meldung: Am Samstag war ich bei meinem Kurs „Body fit“ und sollte den neuesten Trend ausprobieren: Crawling. Krabbeln wie ein Säugling. Sie glauben gar nicht, wie kompliziert das ist. Ich stellte mich extrem dumm an. Und war doch sehr erleichtert, dass ich zu Verena, der netten Trainerin, sagen konnte: „Sorry, Säugling – das ist jetzt schon sehr lange her bei mir. Bitte zeig’s mir noch mal!“

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