Umgang mit der AfD in Kirche und Diakonie
Warum der Diakonie-Präsident übers Ziel hinaus schießt
In einem Interview spricht Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch über AfD-Mitglieder in den diakonischen Einrichtungen. Er droht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Warum diese Aussagen weder klug noch haltbar sind
Ruediger Schuch am 12.01.2024 im Gespraech mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst
Hans Scherhaufer/picture alliance/epd-bild
Tim Wegner
30.04.2024
3Min

In der Kindererziehung gilt ein eiserner Grundsatz: Drohe nichts an, was du nicht einhalten kannst. Diese Regel ist aber auch unabhängig von Kindern und Erziehung sinnvoll. Auch in gesellschaftlichen Debatten macht sich derjenige lächerlich, der laut poltert, ohne dass etwas dahinter ist. Vermutlich gehört auch der Vorstoß des Diakonie-Präsidenten Rüdiger Schuch dazu: In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe äußerte er sich zu der sensiblen und schwierigen Frage, wie die evangelische Kirche und die Diakonie mit der AfD umgehen soll. Für Schuch ist klar: "Das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild." Wenn Mitarbeitende in der Diakonie in die AfD eintreten oder gar für sie kandidieren, müsse es ein ernsthaftes Gespräch geben. Wenn das zu nichts führe, droht Schuch mit "arbeitsrechtlichen Konsequenzen": "Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen." Der Diakonie-Präsident hat es vermutlich gut gemeint, aber ganz sicher schlecht gemacht.

Die AfD sollte verboten werden, fordert chrismon-Autorin Dorothea Heintze

Dass das rassistische Weltbild der AfD nicht christlichen Wertvorstellungen entspricht, lässt sich gut belegen. Und es ist auch gut, wenn Schuch als Präsident des evangelischen Wohlfahrtsverbands Diakonie klarmacht, dass die AfD für ihn eine unchristliche und damit unwählbare Partei ist. Jeder Mensch, dem unsere Demokratie wichtig ist, sollte sich gegen die AfD engagieren. Denn diese Partei ist tatsächlich eine Bedrohung für unsere freiheitliche, demokratische Lebensweise.

Schwierig wird es allerdings, wenn sich Rüdiger Schuch dazu aufschwingt, seine persönliche Sicht als allgemeingültig darzustellen. Es gibt, leider, sehr viele Menschen in Deutschland, die ganz und gar nicht der Meinung sind, dass die AfD und ihre Ansichten gegen das christliche Menschenbild gerichtet sind. Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl Maximilian Krah ist bekennender Katholik, wenn auch einer der reaktionären Sorte, und AfD-Politikerin Beatrix von Storch ist evangelisch.

Lesen Sie hier ein Porträt von Maximilian Krah

Es ist richtig und wichtig, immer und immer wieder zu erklären, warum die Politik, für die Krah und Storch und ihre anderen Kollegen von der AfD stehen, bestimmten christlichen Ideen widerspricht. Doch Herr Schuch ist kein evangelischer Papst und kann nicht von oben bestimmen, was evangelische Christen zu denken und zu tun haben.

Die Mitarbeitenden der diakonischen Einrichtungen sind außerdem nicht bei der Diakonie Deutschland angestellt – deren Präsident Rüdiger Schuch ist –, sondern bei den regionalen diakonischen Werken. Er ist ein Verbandspräsident. Und falls eine Beratungsstelle oder ein Sozialdienst der Diakonie tatsächlich einen Mitarbeiter aufgrund seiner AfD-Zugehörigkeit oder gar nur aufgrund seines Wahlverhaltens kündigen möchte, würden sie sicher schnell an arbeitsrechtliche Grenzen stoßen. Dazu müsste mindestens nachgewiesen werden, dass die AfD antikirchlich ist – was nicht klappen wird. Denn dazu müsste das Arbeitsgericht ja in diese schon unter Kirchenvertretern und Theologinnen umstrittene Frage eingreifen.

Es ist deshalb zu befürchten, dass Schuchs markige Interview-Aussage dem zivilgesellschaftlichen Kampf gegen die AfD daher leider mehr schaden als nützen wird. Ein zahnloser Tiger macht einfach keinen Eindruck.

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AFD oder Religion! Was für eine Vergleichsebene! Solche Diskussionen entstehen, wenn man Politik u. Religion miteinander verbindet. Dann müsste man konsequent nicht nur auf AFD-Mitglieder, sondern auch auf deren KIST verzichten. Aber bei Geld hört die Logik auf. Die Geschichte der Kirche ist geprägt von der gegenseitigen Abhängigkeit von Macht und Glaube. Die Kirche gab den Segen und das gute Gewissen, die Macht die Sicherheit und das Geld. 1600 Jahre (seit römischer Staatsreligion) ist die christliche Kirche mit ihren Morden, Verlogenheiten und ihrer Abhängigkeit von Macht und Kapital eine institutionalisierte Sünde. Nachdem die Macht unabhängig vom Segen geworden ist, fehlt der Religion nun zusehens die Anerkennung. Als Ergebnis in 2023 für die Republik ein weiterer Rückgang um 3,1 % auf nur noch 18,6 Mio. Evangelische. Warum sollte der Rückgang ein Ende haben? Wo führt der Bedeutungsverlust hin? In 50 Jahren dann nur noch häusliche Gebets- u. Bibelkreise? In der Öffentlichkeit der Eindruck, dass Synode und EKD schicksalsergeben zuschauen. Liegt das alles etwa daran, dass der Glaube ohne die alte Drohkulisse (Fegefeuer) nicht mehr so zwanghaft "überzeugend" ist? Wenn das zutrifft, ist auch erklärlich, dass als Ersatzperspektive "wer fromm ist, auch politisch sein muss". Lt.Bedford-Strohm. Aber bitte nicht AFD sodern möglichst LinksGrün. Schon sind sie im Dilemma der politischen Rechtfertigung. Eigentlich sollte doch die alte katastrophale "Liebe" zum NS-Staat Warnung genug sein! Nichts lernen zu müssen, ist das Privileg von denen, die gut versorgt sind. Die Diakonie sieht das Unheil kommen

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Solche konservativen Gedanken in der Chrismon? Selten gelesen, das ein Artikel durchaus differenzierend sein kann: "In der Kindererziehung gilt ein eiserner Grundsatz: Drohe nichts an, was du nicht einhalten kannst. [..] Schwierig wird es allerdings, wenn sich Rüdiger Schuch dazu aufschwingt, seine persönliche Sicht als allgemeingültig darzustellen. Es gibt, leider, sehr viele Menschen in Deutschland, die ganz und gar nicht der Meinung sind, dass die AfD und ihre Ansichten gegen das christliche Menschenbild gerichtet sind. [..] Und falls eine Beratungsstelle oder ein Sozialdienst der Diakonie tatsächlich einen Mitarbeiter aufgrund seiner AfD-Zugehörigkeit oder gar nur aufgrund seines Wahlverhaltens kündigen möchte, würden sie sicher schnell an arbeitsrechtliche Grenzen stoßen.[..] Schuchs markige Interview-Aussage [wird] dem zivilgesellschaftlichen Kampf gegen die AfD daher leider mehr schaden als nützen wird. Ein zahnloser Tiger macht einfach keinen Eindruck."

Endlich ein Artikel der dem kirchlichen Trend der akademischen und elitären Bubbles/ Blasen in der Kirche widerspricht. Ein großer Teil der Basis denkt mehrheitlich anders. Insbesondere die Aussage das ein privater Teil zur Mehrheit erhoben wird, ist sehr gefährlich für einen demokratischen und geistlichen Zusammenhalt innerhalb der Kirchen und der Diakonien.

Warum treten weibl. und männl. Christen aus der Kirche aus bzw. verlassen ihre Gemeinde?
- Politisierung der Kirche, Predigten und Diakonie
- Kirche sieht einen politischen Auftrag immer (!) und überall (!) mit und sich ein zu mischen
- Ehrenamtliche werden in Kirchengemeinden nicht wertgeschätzt: Ehrenamtsverträge dauern zu lange, zu große Barrieren, Gemeindemitglieder werden nicht an (Mit-)Gestaltungen der Gottesdienste beteiligt oder zum Verkündigungsdienst berufen
- Ehrenamtliche die ausgebrannt sind
- Transparenz der Kirchengelder fehlen und Mitentscheidungen fehlen
- Kirche als politische Partei
- Pfarrer als Elite die sich als Akademiker verstehen und "ihr Niveau" halten wollen und selbst ihre "Schäfchen" theologisch begleiten können
- Wegrationalisierung des Lebensauftrages für ungeborene Kinder und behinderte Menschen
- Politische korrekte Gender-/Inklusions- und Diversitätssprachen
- Lobpreisung und Bibelstunden sind kaum verhanden, stattdessen mehr Feminismus und Klimarettung
- In den meisten Gemeinden fehlen klare theologische Profile nach Luther usw.
- Pfarrer und Gemeindepädagogen fehlen als Geistliche Vorbilder
- Überfrachtung mit Gremien innerhalb der EKD/ EKBO, usw.
- Pfarrer sind kaum noch Seelsorger sondern eher Verwalter und sind selbst ausgebrannt (BurnOut, psychische und physische Erkrankungen - wie können diese selbst dann Vorbilder Jesu sein?)
- feministisch (und/oder) liberale Theologie, konservaties wird als rechts markiert und abgelehnt
- Jesus Christus wird selbst abgelehnt oder Grundwerte des Glaubensbekenntnis (z.B. Jungfrauengeburt bei Maria)
- Jugend wird biblisch nicht gebildet - auch Themenvermeidung wie Hölle, Satan, Gott ist nicht nur Freund mit den Menschen, sondern auch Richter!??!??

Und der Artikel ist mal nicht gegendert und wo der Lesefluss barrierefrei und nicht anstrengend ist. Warum nicht immer so? Ob ich jetzt öfters wieder vorbei schaue oder ist dieser Artikel nur ein Versuch mich wieder zu fangen? Das kommt darauf an - oder kommen künftig immer zwei verschiedene kontrahäre Meinung zu Wort - also wirkliche journalistische Vielfalt?

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