Autokorso fuer Deniz Yücel in Berlin
epd-bild / Christian Ditsch
Ein Jahr sitzt der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel inzwischen in Haft. Aussagen des türkischen Ministerpräsidenten Yildirim kurz vor seinem Treffen mit Kanzlerin Merkel in Berlin lassen Hoffnung auf seine Freilassung aufkommen.
14.02.2018

Im Fall des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel kommt in Deutschland neue Hoffnung auf eine Freilassung auf. Grund dafür sind Aussagen des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim. "Ich bin der Meinung, dass es in kurzer Zeit eine Entwicklung geben wird", sagte er in einem Interview mit den ARD-"Tagesthemen", das am Mittwochabend gesendet werden sollte. Der "Welt"-Korrespondent Yücel saß am Mittwoch genau ein Jahr ohne Anklageschrift in Haft.

Auch Gabriel zuversichtlich

Eine Entscheidung über die Freilassung träfen Gerichte, sagte Yildirim, ergänzte aber: "Ich hoffe, dass er in kurzer Zeit freigelassen wird." Auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich zuversichtlich: Er hoffe auf eine baldige positive Entscheidung des türkischen Gerichts, erklärte er am Mittwoch.

Gabriel sagte, er habe in den vergangenen Tagen und Wochen über den Fall Yücel intensive Gespräche mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu geführt. Über konkrete Inhalte wurde nichts gesagt. Die deutsch-türkischen Beziehungen sind unter anderem wegen Festnahmen Deutscher aus politischen Gründen belastet. Derzeit sind laut Auswärtigem Amt sechs Deutsche aufgrund politischer Vorwürfe in Haft, darunter vier Gefangene, die neben dem deutschen auch den türkischen Pass haben. Dazu zählt auch Yücel.

Am Donnerstag wird Yildirim zu einem Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin erwartet. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, er könne den Gesprächsinhalten nicht vorgreifen. Zugleich unterstrich er, die Bundesregierung wolle weiterhin auf politischem und diplomatischem Weg alles tun, damit Yücel freikomme.

Tolu: Milde Töne bringen nichts

Auf Kritik, die Bundesregierung mache ihre Haltung nicht deutlich genug, entgegnete Seibert, über den Fall sei immer "klar" gesprochen worden, "öffentlich und hinter verschlossenen Türen". Die Journalistin Mesale Tolu hatte zuvor im ZDF-"Morgenmagazin" gesagt: "Die Bundesregierung muss sich klar ausdrücken. Diese milden Töne bringen einfach nichts."

Yücel hatte sich am 14. Februar 2017 freiwillig der Istanbuler Polizei gestellt, nachdem wegen seiner Berichterstattung über den türkischen Energieminister nach ihm gesucht wurde. Dass bis heute keine Anklageschrift vorliegt, sorgt für große Kritik. Die Bundesregierung hatte mehrfach darauf gedrungen, das Verfahren zu beschleunigen.

Zum Jahrestag der Inhaftierung Yücels gab es in Deutschland mehrere Solidaritätsaktionen, darunter einen "Autokorso der Herzen" durch Berlin-Kreuzberg und eine Mahnwache in Yücels hessischer Heimatstadt Flörsheim. Zu dem Autokorso hatte der #FreeDeniz-Freundeskreis aufgerufen. Am Abend sollte zudem Yücels neues Buch "Wir sind ja nicht zum Spaß hier" in Berlin vorgestellt werden. Als Gäste wurden unter anderen der Sänger Herbert Grönemeyer, die Schauspielerin Hanna Schygulla und die Journalistin und ARD-Moderatorin Anne Will angekündigt.

200 Teilnehmer bei Mahnwache in Flörsheim

An der Mahnwache in Flörsheim beteiligten sich etwa 200 Menschen, darunter der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall und der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Wer eine Regierung kritisiere, sei kein Staatsfeind, betonte Schäfer-Gümbel. Überall forderte Politiker "auf allen Zuständigkeitsebenen" auf, sich für die mehr als 100 inhaftierten Journalisten in der Türkei einzusetzen.

Medien, für die Yücel gearbeitet hatte, veröffentlichten Sonderseiten als Geste der Solidarität mit dem inhaftierten Journalisten. Die "Welt", für die Yücel als Korrespondent in der Türkei war, forderte auf Seite eins "#FreeDeniz: Wir vermissen unseren Kollegen, Freund und Freigeist Deniz Yücel, der seit einem Jahr in der Türkei hinter Gittern sitzt". Die "taz", Yücels früherer Arbeitgeber, veröffentlichte ein Foto, auf dem "taz"-Mitarbeiter T-Shirts über den Kopf gezogen hatten, die das Konterfei Yücels zeigten.

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