Für behinderte Kinder erhalten Eltern länger Kindergeld
epd-bild/Norbert Neetz
30.03.2017

Eltern erhalten laut einem Gerichtsurteil für erwachsene Kinder zeitlich unbegrenzt Kindergeld, wenn das Kind behindert ist und es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann. Das gilt auch dann, wenn der Gendefekt erst nach Erreichen der Kindergeld-Altersgrenze diagnostiziert wird und das Kind davor seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte, wie es in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Finanzgerichts Köln heißt. (AZ: 6 K 889/15)

Das Gericht gab damit einem Kläger recht, dessen 1968 geborene Tochter an einer erblichen Muskelerkrankung leidet, bei der es zu einer fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft kommt. Die Erkrankung wurde erst im Alter von 30 Jahren diagnostiziert, als eine Verwandte ein stark behindertes Kind zur Welt gebracht hatte und sich daraufhin mehrere Familienmitglieder einer genetischen Untersuchung unterzogen. In der Folgezeit verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Tochter des Klägers. Mit 40 Jahren wurde bei ihr ein Grad der Behinderung von 100 Prozent festgestellt. Seit dem 43. Lebensjahr bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Behinderung lag schon vor Diagnose vor

Den vom Kläger gestellten Kindergeldantrag für die Zeit ab Januar 2010 hatte die Familienkasse mit der Begründung abgelehnt, dass die Behinderung des Kindes nicht, wie gesetzlich gefordert, vor dem Erreichen der "Altersgrenze" eingetreten sei, die für vor 1982 Geborene noch bei 27 Jahren (heute 25 Jahre) lag. Der Gendefekt des Kindes habe erst wesentlich später zu einer Behinderung geführt.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage hatte der Vater Erfolg und ihm wird nun Kindergeld gewährt. Sein Urteil vom 12. Januar begründet der Senat damit, dass es für die Frage, ob eine Behinderung vorliege, auf den objektiven Befund und nicht auf dessen Kenntnis ankomme. Damit habe die Behinderung unabhängig von der Diagnose bereits vor Vollendung des 27. Lebensjahrs vorgelegen. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Unvermögen, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, vor Erreichen der Altersgrenze vorgelegen habe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens ließ der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof in München zu. (AZ des BFH: XI R 8/17).