"Brandanschläge auf christliche Kirchen in Bagdad" ­ diese Meldung in den Zeitungen war so klein wie die über einen x-beliebigen Autounfall. Es scheint unvermeidlich, dass im Irak täglich Anschläge verübt werden, es scheint unvermeidlich, dass dabei auch Christen zu Schaden kommen. Soll man sich da immer wieder neu aufregen?

"Brandanschlag auf Moscheen in Deutschland" ­ meinen Sie, eine solche Nachricht bliebe in islamischen Ländern genauso wenig beachtet wie jene über die Kirchen in Bagdad? Nein, es würde ein Aufschrei des Entsetzens und der Empörung durch die arabischen Länder gehen ­ und zwar zu Recht!

Wo bleibt unsere Solidarität mit den Kirchen im Irak?

Wo bleibt unsere Solidarität mit den Kirchen im Irak? Sie geht unter im Schuldgefühl, das wir Christen aufgrund unserer Vergangenheit haben: Christen meinten, sie müssten dem Absolutheitsanspruch ihres Glaubens dadurch Ausdruck verleihen, dass sie in den Kreuzzügen und in manchen Jahrhunderten danach Nichtgläubige massakrierten, wenn sich diese nicht bekehren ließen.

Das ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass wir uns nicht zu unseren Brüdern und Schwestern in anderen Regionen der Welt bekennen, wenn diese für ihren Glauben leiden oder ihr Leben lassen müssen. Stattdessen gefallen wir uns in einer scheinheiligen Toleranz, die in Wirklichkeit etwas anderes ist: Gleichgültigkeit.

Eine aufgeklärte Muslimin sagte mir neulich: "Eure Toleranz geht sogar so weit, dass ihr Deutschen Menschenrechtsverletzungen unkommentiert lasst, um nicht als arrogante Westler hingestellt zu werden."

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Unser christlicher Glaube gebietet die Toleranz gegenüber Menschen, die in anderen Religionen aufgewachsen sind. Sie sind Kinder Gottes wie wir und das Gebot der Nächstenliebe gilt auch ihnen gegenüber.

Es ist zum Beispiel wichtig, dass Ausländer bei uns in Deutschland Heimat finden, wenn sie hier bleiben wollen oder müssen. Dazu gehört dann auch, dass sie ihre Religion frei ausüben können. Unser missionarischer Auftrag als Christen darf gerade nicht bedeuten, dass wir ihre Religionsausübung behindern. Er muss vor allem darin bestehen, dass wir ihnen gegenüber glaubwürdig als Christen leben ­ und das bedeutet auch, dass wir ihrer Religion gegenüber tolerant sind.

Toleranz meint nicht Gleichgültigkeit

Toleranz meint aber nicht Gleichgültigkeit, nicht Laisser-faire, meint nicht: Na ja, das ist ja doch alles dasselbe.

Tolerant zu sein bedeutet, andere Menschen ernst zu nehmen, mit ihren Überzeugungen, ihrem persönlichen Hintergrund, eben so, wie sie sind, wie sie aufgewachsen sind, was ihnen wichtig ist.

Toleranz ist aber eine Sache von Gegenseitigkeit. Deshalb erwarte ich mir auch von den Muslimen, mit denen wir zusammenleben, Toleranz. Ich wünsche mir von den Muslimen, die bei uns leben, dass sie wie wir entsetzt sind über Brandanschläge auf christliche Kirchen, über Terroranschläge von Islamisten in Europa oder sonstwo auf der Welt.

Ich gehe davon aus, dass die meisten bei uns lebenden Muslime tolerant und friedliebend sind. Deshalb bitte ich alle gutmeinenden Muslime unter uns, sich zu distanzieren von Gräueltaten der Islamisten, so wie ich, so wie wir Christen verurteilen, was Christen ­ angeblich im Namen Gottes ­ an Unrecht getan haben. Früher und leider auch manchmal noch heute.

Es ist unser gemeinsames Anliegen, für den Frieden einzutreten. Muslime und Christen können viel bewegen. Und noch einmal mehr, wenn wir gemeinsam handeln. Johannes Friedrich

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