Ungerechtigkeiten sind immer schwer zu ertragen, in Geschwisterbeziehungen aber doppelt. Sich von den Eltern benachteiligt zu fühlen, nagt sehr an der eigentlich erwarteten gleichen elterlichen Liebe zu allen Kindern. Es ist ein Grundkonflikt.
Darum erzählt vermutlich auch die Bibel mehrfach davon: Kain schlägt den Abel sogar tot aus Eifersucht. Jakob erschleicht sich von seinem Bruder Esau die Erstgeborenenrechte.
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn, an das mich Ihre Geschichte erinnert, steht am Ende auch der redliche Sohn verletzt da. Obwohl sein Bruder die Familie im Stich gelassen und sein Erbe verprasst hat, schmeißt der Vater für ihn eine Party. Der Ältere beklagt sich. Der Vater sieht dafür keinen Grund, erklärt seine Freude und Liebe zu beiden.
Ich finde bis heute, dass das irgendwie ungerecht bleibt. Dennoch scheint mir der ältere Bruder einen der wenigen möglichen Auswege zu finden: Sagen Sie Ihren Eltern wie er, dass Sie verletzt sind. Vielleicht ist es ihnen gar nicht so bewusst. Und vielleicht bekommen Sie neue Puzzlesteine für Ihre Version der Geschichte: Wann war Geld flüssig? Warum haben die Eltern Ihnen das zugetraut oder zugemutet? Ob es so ein Happy End gibt?
Das biblische Gleichnis lässt es unserer Fantasie wohltuend offen, ob der verletzte Bruder mitfeiern will.
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