Denk mal! Sehenswert
Ob spanisches Bergstädchen oder der Dom zu Magdeburg: Wer reist, kann viel entdecken
Lena Uphoff
21.12.2017

Die ganze Welt zum ­Denkmal erklären – das wäre doch etwas! Denk mal, ein Denkmal! Wenn Irene und Pit über ihre Urlaube reden, sind nicht Badestrände das Thema, nicht geruhsame Waldgegenden oder lebhafte Märkte. Nein, Abhängen, Ausschlafen und leckeres Essen mögen für andere der Sinn des Lebens sein. Wenn der Finanzbeamte und die Apothekerin reisen, bewegen sie sich grundsätzlich auf den Pfaden der Geschichte.

Von einem Schauplatz europäischer Kultur zum anderen. Besich­tigen, staunen und verstehen. Drei Tage Madrid, eine Woche in Anda­lusien. Besonders begeistert hat die beiden Arcos de la Frontera. Das Bergstädtchen zählt zu den berühmten „pue­blos blancos“ mit durchweg weiß getünchten Häusern. Die alte Burg, der Palast der Herzöge, die Altstadt hoch oben auf dem Felsen sind wahrhaftig eine Reise wert. Was das „de la Frontera“ meint? „Wissen wir“, unterbricht Irene. „Stadt an der Grenze. Über Jahrhunderte ­haben sich in der Gegend Christen und Muslime bekriegt.“ Und Pit ergänzt: „Dort zu leben hat wahrscheinlich nicht immer nur Spaß gemacht. Aber heute profitiert ganz Andalusien ökonomisch von dem Dauerzoff zwischen spanischen Königen und Kalifen. Die Städte und Dörfer sind touristische Attraktionen, die du nicht erfinden kannst.“

Das Wort „Denkmal“ verdankt die deutsche Sprache – wenn wundert’s? – 
natürlich Martin Luther. Gemeint 
­­sei etwas, woran sich das Gedächtnis orientieren könne. Die verherrlichende, euphorische Komponente wurde dem Denkmal dann zugeeignet, wenn Nationen und ihre ­Regenten Symbole für die Größe ihres Anspruchs suchten.

Denkmäler können auch Orte des Grauens sein

Irene runzelt die Stirn. So „verengt“ könne sie das nicht ertragen. Sie sei da näher beim ursprünglichen Sinn des Begriffes, wie er eben auch von Luther gesehen wurde. „Denkmäler können auch Orte des Versagens, des Grauens, der schrecklichen Ereignisse sein. Wer schon mal das KZ Auschwitz besucht hat oder den Hartmannsweilerkopf im Elsass, wo Tausende Soldaten im Ers­ten Weltkrieg starben, wird die Welt mit anderen Augen sehen als zuvor.“

Dass die alten Orte von Hass und Streit heute auch Denkmäler des geschwisterlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionen sind, findet Pit, werde gerade im Elsass und im benachbarten Südbaden „hervorragend sichtbar“. Zwischen Freiburg und Straßburg wisse man auch Spätburgunder und Edelzwicker als Kultur­denkmäler zu würdigen.

So etwas von zwei „Preußen“ zu hören, freut den südbadischen Schreiber dieser Zeilen natürlich besonders. „Preußen? Uns so zu nennen, ist eigentlich eine ungeheure Frechheit“, zischt Irene. Ihre Familie stamme aus 
Magdeburg, sei ursprünglich katholisch gewesen. „Im Westfälischen Frieden nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden wir zwangsverpreußt.“

„Zwangsverpreußt“ sei zwar ein schönes Wort, unterbricht Pit seine Frau. „Aber genau betrachtet war das Brandenburger Fürstenhaus im Dom schon lange aktiv.“ „Peinlich“ findet das Irene. „Die Geschichte Magdeburgs beginnt mit Otto dem Großen, der im Dom begraben ist.“ Da muss Pit doch entschieden grinsen: „Okay. Aber Albrecht von Brandenburg hat dort als Erzbischof mit seinem Ablasshandel die Reformation maßgeblich herausgefordert.“

Dass der Magdeburger Dom „absolut sehenswert und eine Reise wert ist“, darin sind sich die beiden dann rasch wieder einig. „Und von da aus könnt ihr dann nach Wittenberg fahren“, rät Irene. „Das Luther- und das Melanchthonhaus gehören zum Weltkulturerbe. Aber da wart ihr wahrscheinlich schon.“ Stimmt. Das Lutherjahr 2017 ist rum. Wittenberg bleibt dennoch eine Reise wert.

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