Dirk von Nayhauß
"Es muss schon sehr viel passieren, damit ich richtig wütend werde"
Gundula Gause setzt auf Beständigkeit. Und auf Vertrauen zu anderen. Als Mitglied der Jury im Gemeindewettbewerb von chrismon 2013 setzt sie sich auch für Kirchengemeinden ein.
Dirk von Nayhauß
19.03.2013

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenn ich nach leichter Überforderung in Familie oder Beruf ­wieder zur Ruhe komme. Je älter ich werde, desto ordentlicher muss es sein, Unordnung und Chaos machen mich nervös, die Dinge müssen klar strukturiert sein. Wenn also nach unruhigen Tagen mit vielen Terminen die Dinge wieder in geordneten ­Bahnen verlaufen, dann fühle ich mich lebendig. Dann baut sich eine gewisse Distanz zu den Dingen und zu mir selbst auf, und ich gerate in einen Zustand kontemplativer Ruhe.

An welchen Gott glauben Sie?

Mein Gott ist der Gott der Nächstenliebe. Wende ich mich an ihn, weiß ich, dass ich mich an einen verzeihenden Gott wende, und das tröstet. Ich bete durchaus häufig – am Tag oder auch mal in schlaflosen Nächten. Relativ oft gehe ich mit der Familie in Gottesdienste, das gibt Ruhe und Frieden. In der Liturgie, in den Bibeltexten, in den Liedern und den Predigten ist so viel drin! In dem gemeinsamen Vaterunser fühle ich mich aufgehoben. Man kann Trost und Zuversicht finden in Zeilen wie „Dein Wille ge­schehe“ und „Friede sei mit dir“. Jeder tut, was er kann, letztlich bleibt aber doch alles in Gottes Hand. Ich finde es vermessen zu glauben, man habe alles selbst in der Hand. Als Protestantin engagiere ich mich als Schirmherrin des Afrikatags für das katho­lische Hilfswerk Missio. Das ist für mich gelebte Ökumene. Wenn ich im Senegal oder in Kenia diese grenzenlose Armut sehe und zugleich das Gottvertrauen der Menschen, hat das etwas Bereicherndes und Befreiendes. Man spürt eine ganz eigenwillige Nähe gerade der christlichen Afrikaner zu Gott.

Hat das Leben einen Sinn?

Ja! Nicht umsonst hat Gott sich uns Menschen für das Ende seiner Schöpfungskette ausgedacht. Mein Sinn definiert sich über die Familie und den Beruf und mein ehrenamtliches Engagement. Beständigkeit ist für mich eine Haltung, die mir hilft, nicht sprunghaft neuen Projektideen oder anderen Lebensideen hinterherzusinnen, sondern meine Aufgaben zu bewältigen. Ich bestreite mein Leben wie ein Zahnrad im Getriebe. Es ist und bleibt eine gesellschaftliche und individuelle Herausforderung, Kinder zu begleiten, Ältere mitzunehmen und Gemeinsamkeiten herzustellen durch gemeinsame Zeit, durch gemeinsames Erleben und Füreinander-da-Sein.

Muss man den Tod fürchten?

Nein! Es bleibt ein großer Respekt vor dem Ende des Lebens, aber der Glaube an die Auferstehung schützt uns Christen vor Todesfurcht, zumindest ein wenig. Ich fürchte einen Tod, der mich aus der Mitte des Lebens reißen würde – zu einem Zeitpunkt, den man einfach für zu früh hielte.

Welchen Traum möchten Sie sich noch unbedingt erfüllen?

Mein Traum wäre, weiter in Frieden und ohne Brüche leben zu dürfen. Manchmal verläuft das Leben ja auch anders, als man es sich erhofft hat.

Wie gehen Sie mit Schuldgefühlen um?

Da hat wohl jeder sein Päckchen zu tragen, ich leider auch. Habe ich mich falsch verhalten, nehme ich die Schuld auf mich, bitte um Entschuldigung und versuche, es in Zukunft besser zu machen. Traurig ist es, an Grenzen zu stoßen, nicht verziehen zu bekommen. Verzeihen ist für mich Christenpflicht. Niemand macht alles richtig, deshalb funktioniert das Leben nicht ohne Verzeihen. Jeder mag Schuldgefühle kennen, die nicht loszuwerden sind. Mein Rezept dafür: Ab damit in ein imaginäres Paket, das ich in eine Ecke des Arbeitszimmers stelle. Gelegentlich sollte es geöffnet werden, um darin herumzuwühlen, die Dinge zu sortieren. Aber dann sollte man das Problempaket auch wieder zumachen. 

Wie gehen Sie mit Konflikten um?

Meist bin ich diejenige, die klein beigibt und sagt: Das ist es nicht wert, dass ernsthafte Differenzen entstehen. Ich streite höchst ungern und übernehme lieber Verantwortung für Vorfälle, die ich gar nicht verschuldet habe. Früher haben mein Vater und ich immer gleichzeitig die Hand gehoben, wenn das teure Porzellan plötzlich angeschlagen war. Es muss schon sehr viel zusammenkommen, dass ich mal richtig wütend werde. Wie bei ungerechtfertigter Kritik, die sich auf nichtige Angelegenheiten bezieht. ­Sagen wir mal: wenn am Wochenende alle Kartoffeln essen wollen, aber es sind keine Kartoffeln im Haus.

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Danke für das Schöne Interview!

Ich finde es ganz rührend, das mit dem angeschlagenen Porzellan ;-) ! Und der Tipp mit dem imaginären Paket finde ich auch gut - das muss nicht, kann aber funktionieren. Ein schönes Interview, das in der Ruhe, die man aus den Antworten herauslesen kann, auch das spiegelt, wovon Frau Gause spricht: Die Beständigkeit im Leben. Und dass es durchaus eine Gewöhnung an das "Sich-bewusst-im-Zahnrad-Einfinden" braucht, um das zu schaffen und anderen spiegeln zu können.

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Wir sehen Frau G. Gause sehr gerne in den ZDF Nachrichten und spüren in Ihrer
Ausstrahlung den guten christlichen Glauben und Besonnenheit, Herzlichkeit und
eine ruhige Ausstrahlung. Gott segne Sie und Ihre Familie und Ihre weitere Arbeit und
das ganze ZDF Team. Herzlichen Ostergruß sendet Pfr. i.R Dietrich Tews und Familie

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