Wie geht es euch?

Wie geht es euch?
In der Coronakrise können wir uns nicht so oft begegnen, wie wir wollen. Neue Menschen kennenlernen? Das muss warten. Darum wollen wir wissen, wie es Ihnen geht. Es kann helfen, wenn wir sehen: Auch andere Menschen machen sich Gedanken, haben Angst, aber auch Hoffnung. Sie erleben schöne Dinge, an denen sie uns teilhaben lassen. Und haben Frust und Ärger, klar - den erleben wir alle in der Krise. Also: Wie geht es Ihnen gerade? Klicken Sie auf den Mitmach-Link, tragen sich in das Formular ein und schreiben uns, was Ihnen gerade durch Kopf und Herz geht. Den Anfang machen wir, die chrismon-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Machen Sie mit, lesen Sie mit. Sie sind nicht allein!
Emma R. Bammel
16
29394 Lüder
Ich sehe uns Jugendliche vor einem Abgrund.
Wie tief und wie weit dieser Abgrund ist, vermag jeder Jugendliche anders und auf seine Art und Weise zu empfinden.
Ich schreibe „wir Jugendliche“ und doch kann ich alles nur aus meiner Sicht beurteilen. Ich weiß nicht, ob es vielen anderen ähnlich geht wie mir…
Ich sehe mich vor einem Abgrund.
Sehe ich mich vor einem Abgrund?

Ich habe versucht ein anschauliches Bild zur Hilfe zu nehmen, aber bei näherer Betrachtung erscheint es mir doch eher unpassend.
Also nochmal:

Ich glaube, ich kann von mir behaupten, mich gefunden zu haben.
Ich weiß, wer ich bin, was ich mag und was mir Spaß macht …
Ich kenne mich.
Der nächste Schritt, der üblicherweise und nur folgerichtig getan werden muss, ist, dieses Wissen über sich selbst in das Große und Ganze - in die Welt - einzufügen. Wie bei einem Puzzle.
Dabei ist es natürlich hilfreich und sogar erforderlich, ein wenig die Welt zu kennen und zu wissen, wie sie funktioniert, um dann sich selbst - sein eigenes Zahnrädchen - an der richtigen Stelle einzusetzen.
Sobald das erfolgt ist, übernimmt man automatisch ein Stück Verantwortung. Verantwortung dafür, dass das Große und Ganze, dass die Welt funktioniert.
Wenn man diese Verantwortung dann also spürt, spürt man damit einhergehend, dass man einen Sinn hat - seinen Sinn des Lebens.

Sollte man merken, dass sein Zahnrad nicht richtig funktioniert (zu groß, zu klein, falsche Zahnung) muss man sich natürlich einen neuen Platz suchen, der sich richtiger und passender anfühlt. Das sprengt jetzt aber den Rahmen.

Wir halten kurz fest:
Sobald man ein Stück Verantwortung (über sich oder andere) übernimmt, bekommt man einen Sinn bzw. gibt man seinem Leben einen Sinn. Verantwortung und Sinn kommen also Hand in Hand.

Jugendliche suchen nach ihrem Platz in der Welt. Sie suchen nach ihrem Sinn.

Die (aus meiner Sicht) erste große Verantwortung, die Jugendliche über ihr eigenes Leben übernehmen, ist, die Wahl ihrer Prüfungsfächer.
Ich werde gefragt, was ich wählen möchte und auf Fragen müssen für gewöhnlich Antworten folgen. Aber was antworten, auf diese folgenschwere Frage?
Ich muss überlegen, was ich später machen möchte, um dazu passend meine Fächer zu wählen. Ich muss überlegen, an welcher Stelle mein Zahnrädchen ins Große und Ganze passt.
Aber um das entscheiden zu können, muss ich das Große und Ganze erst einmal kennen lernen.
Und genau da liegt das Problem.
Die aktuelle Situation verbietet das Herumstreifen, das Ausprobieren, das Grenzen testen. Sie verbietet, die wirkliche Welt kennen zu lernen.
Ein sehr wachsamer Erwachsener könnte anmerken, dass diese Zeit den Jugendlichen doch nicht allzu sehr schaden könne. Sie hätten Zeit, sich kennen zu lernen, sich zu informieren usw., um dann später voller Elan durchstarten zu können.
So funktioniert das aber leider nicht.
Gewiss haben wir viel Zeit, über uns nachzudenken, aber was bringt uns das, wenn uns ein Vergleich, ein Austausch fehlt? Was bringt es uns, wenn wir letztlich nicht testen können, ob ggf. statt gefundene Verbesserungen unserer selbst wahrhaftig Verbesserungen waren.
Außerdem können wir die Welt nur ungenügend durch von fremder Hand geschriebenen Informationen kennen lernen, aber anders ist es im Moment nicht möglich.

Stehe ich also nun vor einem Abgrund, oder nicht?
Nein, das passt eigentlich nicht.
Ich fühle eher die Abenteuerlust eines jungen Schmetterlings, der durch unerklärliche aber unumgängliche Umstände genötigt wird für ungewisse Zeit in seinem Kokon zu verweilen, statt sich an ersten Flugversuchen zu üben.
Christoph Matthes
70
31559 Haste
Augenblicklich habe ich den Eindruck, wir sind von allen guten Geistern verlassen.
Ein paar Machtgierige in den höchsten Ämtern der Welt bestimmen über das Wohl und Wehe ihrer Landsleute; und werden von niemandem ausgebremst. Corona wird einfach ignoriert! Hierin zeigt sich Ignoranz und Hybris Mensch unverblümt.
Aber die guten Geister werden dereinst die Oberhand gewinnen, weil Gottes Guter Geist dahinter steckt. Verlassen Sie sich darauf und bleiben wir vor allem weiterhin geduldig!
Bührer
FREIBERG AM NECKAR
Beruflich: Ich studiere online - ich kann somit mehr Pausen machen, aber Lerngruppen etc. werden erschwert. Es gibt zudem kaum oder keine Minijobs für Studierende derzeit. Ich tippe aber, mir geht es finanziell trotzdem "besser" i. S. v. entspannter als zum Beispiel jenen Selbstständigen, die schon vor der Krise nicht so viel verdienten. Mit Kurzarbeitern kann ich es nicht so gut vergleichen, da ich nicht weiß, wie viel diese derzeit genau verdienen.

Privat: Ich gehöre zu jenen Typen von Menschen, die gern und oft ausgehen, entsprechend entbehrungsreich ist die Corona-Krise für mich, auch wenn einige Beschränkungen jetzt ganz langsam wieder lockerer werden.

Gottesdienst-Besuch, ich freue mich, dass das langsam wieder normal erlaubt ist, aber das Singen fehlt sehr.
Annette Rosenstock
Schwalbach
DIE MUTTER:

Mein Sohn „liebt“ Corona – Das Leben eines 14-jährigen in Quarantänezeiten
Mein Sohn lebt gern in Quarantäne. Seit Corona darf er seinem eigenen Biorhythmus folgen und das Frühstück einfach auslassen. Das Zimmer ist sein intimer Ort und selbstgewählter Lebensmittelpunkt und das gerne für länger. Während Corona draußen sein Unwesen treibt und der Rest der Bevölkerung diskutiert, wann es endlich zu Lockerungen der Quarantäne kommt, genießt mein Sohn die Möglichkeit, sich ungestört in seine ureigenen Gedankenwelten zu vertiefen. Fernab von banalen Äußerlichkeiten und sonstigen Vorschriften zum Ordnung halten und Zimmer aufräumen, gestaltet er seinen unmittelbaren Lebensraum nach seinen Gesetzmäßigkeiten. So müssen geliebte Gegenstände von der Schaltzentrale „Bett“ aus gut erreichbar sein und sichtbar ausgelegt. Der Fußboden gleicht einem Sammelsurium von Dingen, die sonst in Kisten und Schränken verstaut sind. Unsere Mutter-Kind Beziehung wird hauptsächlich genährt durch die Akzeptanz der Privatsphäre des anderen und das Bedürfnis nach Rückzug in eigene Welten.

Mein Sohn kommt gut ohne Schule zurecht. Der Fernunterricht versetzt ihn gering bis gar nicht in Stressschwingungen, denn die Lehrer sind nur virtuell und das ist gut so. Er investiert lieber Zeit in seine Vision von Zukunft als Filmemacher. Er schreibt an einem Drehbuch für einen neuen Film und kommuniziert digital mit anderen Filmbegeisterten. Er lernt Englisch um sich später als Filmemacher auch international behaupten zu können und nimmt an Coachingseminaren von Hollywoodlegenden teil.

Eine unausgesprochene Regel zwischen uns besagt, dass die Privatsphäre jederzeit durchbrochen werden darf, um den anderen mit teils banalen Fragen (z.B. „Was essen wir heute?“) kurzzeitig aus seiner Gedankentrance zu reißen. Damit beugen wir der Isolation vor. Weitreichendere Themen werden allerdings in einer täglichen Philosophenrunde am Abend außerhalb unserer Komfortzonen am sogenannten Katzentisch in der Küche behandelt. Hier sitzen wir leicht erhöht auf unseren Barhockern und tragen mit dem Gefühl von Durchblick und einem gewissen Abstand vom Tagesgeschehen dem anderen unsere Gedanken und Lichtblicke vor. Im Anschluss daran verbringt mein Sohn Zeit mit seiner Großmutter. Bei kleinen, eher lockeren Gesprächen und diversen gedanklichen Ausschweifungen in vergangene Zeiten erweist er sich als geduldiger Zuhörer und tankt seine Batterien auf. Das Fertigstellen eines 1000er Puzzles erweist sich ebenfalls als Entspannungstraining. Wenn er dann frohgemut und unbeschwert zurückkehrt, wird mir eines zur Gewissheit, was ich kaum auszusprechen wage: Er genießt sein Leben und seine Beziehungen trotz Corona in vollen Zügen.

DER SOHN:

Meine Mutter „hasst“ Corona - Das Leben einer 55-jährigen im Homeoffice Für meine Mutter kommt Corona unpassend. Corona bringt alles durcheinander, weil sie von heute auf morgen nicht mehr früh aufstehen muss. Sie ist nicht systemrelevant und arbeitet im Homeoffice. Darüber ist sie erstmal traurig. Bis vor kurzem war sie noch am Rotieren in ihrem Job. Da hat sie geschimpft und geflucht am Nachmittag und wir haben über schönere Themen gesprochen, wie Urlaub oder Freizeit. Jetzt hat sie ein Ikeatischbüro zuhause und hat viel mehr Zeit und weniger Stress. Wenn wir uns treffen oder spazieren gehen, reden wir meistens philosophisch über den Sinn des Lebens.

Wenn sie meine Meinung dazu hören will, drehe ich jeden ihrer Sätze um und mache aus einer schlimmen Nachricht eine gute. Das erstaunt sie sehr! Dabei könnte sie auch begeistert sein, weil sie jetzt viel Freizeit hat und endlich ohne Störung ihren Lieblingsbeschäftigungen nachgehen könnte, die da sind: Lesen, Klavier spielen, Gambe spielen, Malen, Gedichte und Texte schreiben, sich um Tiere und Pflanzen kümmern, Wandern und Rad fahren, Zeit mit ihren Kindern verbringen, gemeinsam kochen, sich mit ihrem Freund treffen und lange Diskussionen und Streitgespräche führen…

Ich glaube sie träumt auch von ihrer Zukunft, aber anders als ich. Auf jeden Fall denkt sie viel darüber nach, was sie wirklich gerne macht und warum das nicht „systemrelevant“ ist, was das Wort überhaupt bedeutet und warum es für sie eher ein Unwort ist. Sie schreibt ihre Gedanken auf. Das finde ich gut, weil mir das schwerfällt. Dann können wir in ein paar Jahren nachlesen, wie wir uns gefühlt haben und dann wird sie vielleicht sagen, dass sie die Coronazeit auch genossen hat, weil sie erforschen konnte, was sie glücklich macht und weil wir viel über den Sinn des Lebens nachgedacht haben.
Angelika Gärdes-Falk
69
49626 Berge
Nachdem ich meinen behinderten Sohn, der in einem Wohnheim lebt, 12 Wochen lang nicht besuchen durfte, gab es vor kurzem die Möglichkeit, ihn zu sehen.
Wir nahmen nach Desinfektion und Anlegen des Mundschutzes im Besucherzimmer vor einer Acrylglaswand Platz und Felix wurde hereingeführt, auch mit Mundschutz.Und dann passierte das Unheimliche. Unser Sohn, der uns sonst immer freudig begrüßt, wandte den Kopf ab, wirkte sichtlich verunsichert und unglücklich. Alles Zureden half nicht. Weil er nicht sprechend ist, konnte er auch nicht sagen, was ihm durch den Kopf geht. Nach einer Viertelstunde hielt er es nicht mehr aus und verließ das Zimmer, ohne eine Abschiedsgeste. Er wollte nur schnell aus dieser Situation heraus und ließ uns Eltern ratlos und traurig zurück.
Am folgenden Tag war er im Videoanruf wieder der Alte, lachte und gestikulierte. Das hat uns ein wenig getröstet.
Ich habe den Eindruck, daß in den Medien sehr wenig über diese besonderen Menschen berichtet wird, die so sehr auf Körperkontakt und andere Arten der Kommunikation angewiesen sind und denen man schwer vermitteln kann, welche Gefahr droht. Auch für die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen ist es eine große Herausforderung. Deshalb habe ich Ihnen von meinem Kummer berichtet. Wir hoffen sehr, daß wir unseren Sohn bald wieder in die Arme schließen und zum Wochenende nach Hause holen dürfen.
Christoph Matthes
70
31559 Haste

Ihr Lieben, beweisen wir Geistesgröße im Sinne des Spruchs von Seneca und bieten diesem fiesen Virus die Stirn ... am besten mit Vorsicht und Langmut!

Kerstin W.
52
Backnang
Hallo, als Lehrerin muss ich nun Homeoffice machen...wie soll das gehen bei ErstklässlerInnen!?!?
Irgendwie habe ich mich durch die Wochen gewurschtelt, hatte mal spontan gute, motivierende Ideen für die Mädchen und Buben. Doch so langsam lässt bei den Kindern die Motivation nach: Schulaufgaben zu Hause machen ist nur eine begrenzte Zeit schön! Mir geht es ähnlich, die Motivation lässt nach, die Ideen sprudeln nicht mehr so... ich brauche die Kinder von Angesicht zu Angesicht . Rückmeldung geben, mit guten Worten und kleinen Gesten anfeuern, miteinander lachen und manchmal auch ringen um zu verstehen.
Und immerzu das schlechte Gewissen!!!! Die armen Kinder, die armen Eltern, die ich aufrichtig bewundere, wie sie diesen Spagat hinbekommen!
Hoffnung keimt...nach den Pfingstferien soll es wenigstens wieder ein bisschen Schulalltag geben. Auf die SchülerInnen freue ich mich so sehr!
Christoph Matthes
70
31559 Haste

Corona bringt unsere Grundrechte ins Wanken ... kann das sein?
Einigkeit ist vorhanden zwischen Politik, Pandemie- Akteuren im weitesten Sinn und der Majorität des Volkes. Ein solches Problem verlangt nach Zusammenhalt und gemeinsamer Anstrengung!
Was die Rechtsprechung zu alledem festmachen wird, bleibt abzuwarten.
Die größte Bürde aber, die wir alle zu tragen haben, ist die so massive Einschränkung der persönlichen Freiheit!
Ich finde, in diesem Punkt muss wie eh und je unsere Eigenverantwortung an erster Stelle stehen.

Dr. Jan Bodo Sperlin
92
Schleching
Hier antwortet ein zweiundneunzig Jahre alter Bundesbürger und kramt aus seinen Erinnerungen.

Ich war ein Kriegskind. Ein guter Teil meiner Jugend wurde beherrscht von Fliegeralarm und Luftschutzkeller, wo wir auf die Bomben der Alliierten warteten bzw. dem Krach der detonierenden Bomben lauschten. 1942 wurden wir in Hannover total ausgebombt.

Den Begriff "systemrelevant" kannten wir damals nicht. Aber rückblickend weiß ich, dass mein Vater im Hitler-Reich durchaus systemrelevant war, denn im Herbst bekam meine Mutter einen Brief, worin stand, dass Papa "für Führer, Volk und Vaterland" leider an der Ostfront gefallen sei.

Noch näher kam mir der Begriff "systemrelevant" als ich mit 14 Jahren zu einem Schnellkurs für Luftschutzwarte einberufen wurde, in dem ich lernte, durchs Hausdach gefallene Stab-Brandbomben zu löschen. Dazu musste ich während der Bombenangriffe auf dem Dachboden ausharren, während Mutter und Schwester sich in dem nahegelegenen Bunker in Sicherheit brachten.

Richtig "systemrelevant" wurde ich mit 16 Jahren als man mir eine Luftwaffenuniform anzog und mich an einer 8,8 cm Luftabwehrkanone ausbildete, während zwischen den Luftangriffen unsere Schullehrer in die Flak-Stellung kamen und uns vorübergehend wieder zu "Schülern" machten. Meinem Schulfreund Armin wurde diese extreme Systemrelevanz zum tödlichen Schicksal: er saß neben mir am Geschütz, als eine englische Splitterbombe ihm die Halsschlagader zerfetzte.

Der "SPIEGEL" hat diese unsere Jugend einmal als "schock-gereift" bezeichnet.

Nach 1945 durfte ich nach einer relativ kurzen Vorbereitung ein "Not-Abitur" ablegen, das ich mit "kaum ausreichend" bestand.

Erstaunlicherweise hat mich diese trostlose Jugend nicht daran gehindert, zwei handwerkliche Lehren erfolgreich abzuschließen, zu studieren, zu promovieren, für die deutsche Großindustrie vier Jahre in Indien tätig zu sein, Gastdozent in Harvard zu werden, über etliche Jahre bis zur Pensionierung eine hohe Position bei den Vereinten Nationen zu bekleiden und als Rentner über 30 Jahre meiner Evang. Kirchengemeinde als Ehrenamtlicher zu dienen.

Ich gehöre damit zu der Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg unser Land mit großem Erfolg wieder aufgebaut und zu dem gemacht hat, was unseren heutigen Wohlstand ermöglicht.

Ich antworte auf die Frage "Wie geht es Euch?" deshalb so drastisch, weil ich es bedenklich finde, dass etliche "Experten" heute argumentieren, der gegenwärtige Eingriff durch den Lockdown in die Welt der Kinder sei massiv und dadurch sei ihre körperliche, psychische und soziale Unversehrheit gefährdet. Die Zeit wird zeigen, ob dies nicht unverantwortliche, möglicherweise politisch gesteuerte Panikmache ist. Meine hier geschilderten Erfahrungen sollten dazu dienen, geängstigte Eltern zu beruhigen.
Julika Schön
47
Neuruppin

"Wie geht es Ihnen?" Das fragt mich im Augenblick jeden Tag eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes. Denn ich gehöre zu den wenigen positiv getesteten Menschen in Brandenburg und den noch viel wenigeren in meinem Landkreis.

Vor ca. 10 Tagen, am Wochenende, fühlte ich mich nicht gut. Etwas Halsschmerzen, etwas fiebrig, 38,3°C, nicht doll. Da ich in verantwortlicher Position im Krankenhaus arbeite, wollte ich dennoch mit Erkältungssymtomen nicht einfach zur Arbeit gehen und lies mich nach Telefonat mit meiner Hausärztin krank schreiben. Sie organisierte einen Test am nächsten Tag.

Der Anruf des Gesundheitsamtes kam am späten Nachmittag: "Guten Tag, wenn das Gesundheitsamt anruft, dann sind es meist keine guten Nachrichten..." Das Testergebnis war positiv. Positiv obwohl ich in der Klinik so vorsichtig gewesen war, obwohl wir so wenige positive Patienten hatten, obwohl ich schon seit Tagen nur mit Mund-Nasenschutz beim Einkaufen war. Ein paar Tage drehten sich meine Gedanken nur um das "woher". Mann und Kind waren negativ, gute Nachrichten, dennoch: woher dann ich??

Jetzt sind schon 8 Tage vergangen, Symptome sind bei mir gering: leichtes Fieber, Abgeschlagenheit, ein seltsamer Druck bis Schmerz in der Brust, den ich so nicht kannte. Angst kam nur nachts: Was, wenn ich doch in die Klinik muss? Was, wenn mein Mann es auch bekommt, was dann mit unserem Kind?

Inzwischen bin ich zuversichtlich, dass es nicht mehr schlimmer wird, Mann und Kind sind weiter symptomfrei, wir isolieren uns innerhalb der Wohnung voneinander. Das geht erstaunlich gut, wenn man weiß, welches Risiko sonst für die anderen besteht.
Die Tage vergehen. Nächste Woche kann ich wieder arbeiten gehen. Vielleicht. Ich bin vorsichtiger geworden mit Vorhersagen...