31.03.2020
Lothar Oehlert

Freitag, 27. März 2020, der 8. Tag des neuen iranischen Jahres 1399. Eigentlich wäre heute Gottesdienst gewesen. Stattdessen „nur“ eine E–Mail–Andacht unserer Pfarrerin Kirsten Wolandt aus Deutschland, aber trotzdem ein wohltuendes Zeichen der Verbundenheit. Sie hat es wie die meisten deutschen Angehörigen unserer kleinen Gemeinde ohne iranische Familieanbindung noch mit einem der letzten Flieger in die Heimat zu ihrem Mann und den Kindern geschafft.

Wir Daheimgebliebenen haben uns freiwillig in unsere eigenen vier Wände zurückgezogen, gehen nur zur Erledigung unaufschiebbarer Besorgungen aus dem Haus. Per Telefon und WhatsApp stehen wir in Kontakt miteinander, einige wenige besuchen sich auch.

Teheran ist in den Neujahrsferien noch ruhiger als sonst, es ist die Hauptreisezeit des ganzen Jahres. Eine strikte Ausgangssperre hat die Regierung bisher nicht verhängt, aber trotz des Appells, zu Hause zu bleiben, waren die Autobahnen zum Ferienbeginn vor allem nach Süden und Norden voll. Ab heute allerdings kann man Teheran nicht mehr verlassen, die meisten Großstädte dürfen nur noch von Einheimischen betreten werden. Konzerte, Gottesdienste und sonstige Veranstaltungen sind untersagt, Parks sowie Sehenswürdigkeiten geschlossen. Lediglich die an jeder Ecke zu findenden Tante-Emma- und Gemüseläden, große Supermärkte, Apotheken und ein paar Fachgeschäfte haben geöffnet. Bis auf einen Mangel an medizinischen Präparaten ist noch alles Nötige für den täglichen Bedarf ohne Einschränkungen zu haben.

Meine iranische Frau erledigt die Einkäufe, mir hat sie als „Riskogruppen–Mann“ strikten Hausarrest verordnet. Das oft gescholtene Internet erweist sich dabei als ein wahrer Segen. So können wir den Mangel an klaren offiziellen Informationen durch eigene Recherchen wenigstens teilweise ausgleichen. Die Ungewissheit über die tatsächliche Lage empfinden viele hier als das größte Problem. Allerdings wird mit jedem Tag der Abschottung auch das Verlangen größer, wenigstens mal für ein paar Stunden raus zu kommen. Da war die Einladung ins Haus meiner Schwiegermutter zum „Ab Gusht“ - wörtlich “Fleischsaft“ - einem traditionellen iranischen Gericht, das Highlight der letzten Wochen.