24.03.2020
Alfred Schubert

Leidlich, zufriedenstellend, ganz gut bis heiter. Ja, so geht es mir wirklich in dieser angespannten, für manche bedrückenden Krisenzeit. Ein Grund dafür ist, dass ich seit langer Zeit genauso lebe, wie es die Allgemeinheit jetzt muss. Ein Komplex gravierender und das Leben bestimmender Grunderkrankungen der Atemwege macht es notwendig, allzu große Anstrengungen, Veranstaltungen und Infektionsquellen zu meiden. Meine Profession und Leidenschaft hinsichtlich von Literatur, Geistesgeschichte, Musik und öffentlichen Angelegenheiten machen den erzwungenen Ruhestand nicht nur erträglich, sondern reich und Sinn stiftend. Dabei kommt mir Neigung zur chinesischen Spruchweisheit, wie sie im Taoteking des legendären Laotse überliefert ist, entgegen. Wu-Wei, die Kunst des vermeintlichen Nichtstuns und Gehenlassens, in Wirklichkeit der Fähigkeit des Handelns zum rechten Zeitpunkt, prägt nicht nur den Lebensstil, sondern auch äußere Handlungen wie die unterlassene bzw. naturgerechte Gartenpflege um meine Behausung herum. Meine Anlagen sehen dashalb so aus, wie es Ökologen seit Langem fordern. Die Insekten und die Vogelwelt freut es. Aus der genannten Spruchsammlung hat es mir besonders die Nummer 67, Die drei Schätze, angetan. Diese sind die Liebe, die Genügsamkeit und die Demut. Das klingt schon sehr christlich und ist es auch. Aber es geht weiter: Die Liebe macht mutig, die Genügsamkeit macht weitherzig und die Demut macht fähig, voran zu gehen und Verantwortung zu übernehmen. Das kann man nicht nur verinnerlichen, sondern es wirkt prägend für das ganze Leben und Tun. Ganz ohne Hilfe einer umfassenderen Seinsbestimmung geht es aber auch bei den in Religionsfragen so nüchternen Chinesen nicht, denn die Schlusszeile der Sentenz lautet: Wen der Himmel retten will, den schützt er durch die Liebe.