Geminiani, der Trüffel
Matthias Pabst
25.09.2019

CD-Rezension: Quinta Essentia

Das Schicksal teilen sich viele Komponisten: zu ihrer Zeit berühmt, später vergessen. Francesco Geminiani gehört zu ihnen. Er wurde  1687 im italienischen Lucca geboren. Er war also Zeitgenosse von Bach und Händel. Wie Händel feierten Geminiani vor allem die Menschen in Großbritannien und Irland. Sein Werk ist durchaus überschaubar: Es sind drei Sammlungen von Sonaten und drei Sammlungen von Konzerten, darunter auch die Concerti grossi. Aus diesen ist jetzt bei Berlin Classics quasi eine Quintessenz erschienen, die Quinta Essentia.

Zu den Besonderheiten Geminianis gehört, dass er immer wieder eigene und fremde Werke überarbeitete, manche so stark, dass  die Originale kaum noch zu erkennen waren. Zum Beispiel nahm er sich auch die Musik von Arcangelo Corelli vor. Diese Bearbeitungen verhalfen dann Geminiani zu einiger Berühmtheit jenseits des Kanals. Hier seine Version von Corellis Violinsonate op. 5 Nr. 3

Concerto Köln gelten in der Musikszene als Trüffelschweine

Bei seinem Publikum und der Fachwelt galt Geminiani am Anfang als eher unoriginell und fantasielos, auch wegen der vielen Bearbeitungen. Aber dieses Urteil ist kaum verwunderlich. In der Barockzeit, Anfang des 18. Jahrhunderts war Musik vor allem Handwerk und keine Kunst. Diese Ansicht änderte sich erst Ende des Jahrhunderts - wie das Urteil über Geminiani, auch wegen seiner vielen Talente. Er war unterwegs als Komponist, Geigenvirtuose, reisender Künstler, Musikschriftsteller und Musikwissenschaftler und auch als Kunsthändler.

Francesco Geminiani (1687-1762) Concerti grossi - "Quinta essentia"
Interpret: Concerto Köln Label: Berlin Classics

Geminiani hinterließ viele Informationsquellen über Spieltechnik und Interpretationen seiner Concerti Grossi. Daran konnten heute die Musiker des Concerto Köln anknüpfen. Sie suchten sich aus Geminianis Schaffenswerk die ihrer Meinung nach schönsten und gelungensten Kompositionen für Quinta Essentia aus. Die Ensemblemitglieder von Concerto Köln gelten in der Musikszene auch als Trüffelschweine, die für ihre historischen Aufführungen immer auf der Suche nach eher unbekannten Leckerbissen sind. Jetzt also Geminiani.

Matthias Pabst

Hans-Gerd Martens

Hans-Gerd Martens ist stellvertretender Chefredakteur beim Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen (ekn). Er ist Jahrgang 1957, geboren in Rastede bei Oldenburg. Studium: Politikwissenschaft, Neuere Geschichte, Publizistik und Journalismus in Münster und Hannover. Danach berufliche Stationen als freier Mitarbeiter beim NDR, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hohenheim und Redakteur bei medien aktuell (einem Medieninformationsdienst in Hamburg).

Für Freunde der historischen Aufführungspraxis sei Quinta Essentia von Francesca Geminiani, ausgesucht und eingespielt vom Concerto Köln besonders ans Herz gelegt. Erschienen ist die CD bei Berlin Classics.

Produktinfo

Francesco Geminiani (1687-1762)
Concerti grossi - "Quinta essentia"
Interpret: Concerto Köln
Label: Berlin Classics
VÖ: 20. September 2019

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