Der erste große Gambist
Matthias Pabst
25.02.2021

CD-Rezension: Englishman in Tyrol

Die Gambe war im 16. und 17. Jahrhundert eines der wichtigsten Streichinstrumente, im Ensemble oder auch solo. Sie entstand gleichzeitig mit der Violine. Die Gambe wird senkrecht gespielt, die kleine auf dem Schoß gehalten, die große zwischen den Beinen. Gamben haben meist sechs oder sieben Saiten. Als das Violoncello und der Kontrabass aufkamen, geriet die Gambe weitgehend in Vergessenheit. Heute wird sie vor allem eingesetzt, wenn historische Kompositionen mit den Originalinstrumenten aufgeführt werden. Weit verbreitet war die Gambe in England. Kein Wunder, dass viele Komponisten auch von dort kamen. Zum Beispiel William Young. Er wurde im 17. Jahrhundert als neuer Orpheus gefeiert. Sogar Kaiser und Könige auf dem europäischen Festland schätzten ihn sehr.

Matthias Pabst

Hans-Gerd Martens

Hans-Gerd Martens ist stellvertretender Chefredakteur beim Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen (ekn). Er ist Jahrgang 1957, geboren in Rastede bei Oldenburg. Studium: Politikwissenschaft, Neuere Geschichte, Publizistik und Journalismus in Münster und Hannover. Danach berufliche Stationen als freier Mitarbeiter beim NDR, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hohenheim und Redakteur bei medien aktuell (einem Medieninformationsdienst in Hamburg).

Trotz seines damaligen Ruhms wurde William Young von der Musikwelt vergessen. Zu Unrecht - sagen heute die Gambistin Juliane Laake und das Ensemble Art d'Echo. Sie haben eine CD mit Werken von William Young veröffentlicht, mit dem Titel Englishman in Tyrol, erschienen beim Label Querstand.

William Young: Werke für Viola da Gamba "Englishman in Tyrol"
Interpreten: Juliane Laake, Ensemble Art d'Echo
Label: Querstand (Klassik Center Kassel)
Veröffentlichung: 7. Oktober 2020
Preis: 19,99 Euro

Warum Englishman in Tyrol? Aus der englischen Zeit ist sehr wenig von William Young überliefert. Sein Geburtsjahr ist unbekannt, möglicherweise liegt es daran, dass er katholisch war, in England im 17. Jahrhundert konnte das gefährlich sein, und mal lebte lieber unauffällig. 1652 tauchte er plötzlich in Innsbruck auf, als Gambist und Kammerdiener am Hof des Erzherzogs Ferdinand Karl. Kurz darauf machte er eine Reise durch Italien, er tratt in Mantua, Florenz und Parma auf. 1655 spielte er in Innsbruck bei einem zehntätigen Fest auch vor Christina von Schweden. Young starb 1662 in Innsbruck, er galt als einer der ersten großen Gambisten.

Herrlich unkonventionell

Auf der CD Englishman in Tyrol finden sich viele Weltersteinspielungen. Juliane Laake beschreibt ihre Begeisterung für William Young so:

"Bizarre metrische Strukturen stehen neben geradezu derber Tansmotivik - alles in allem ein herrlich unkonventionelles und noch weitgehend unbeackertes Experimentierfeld, eine eigene musikalische Welt abseits der ausgetretenen Pfade, kaum einzuordnen in die gängigen Schubladen."

23 der 24 Stücke auf Englishman in Tyrol stammen von William Young, das letzte allerdings nicht. Das hat ein gewisser Gordon Sumner geschrieben, den die meisten wahrscheinlich besser kennen als Sting. Auch er ist Engländer, sein Englishman war ein weltweiter Hit, allerdings keiner in Tirol, sondern in New York. Für Freunde der historischen Musikaufführungspraxis ist der Englishman in Tyrol ein absolutes Fundstück.

Produktinfo

William Young: Werke für Viola da Gamba "Englishman in Tyrol"
Interpreten: Juliane Laake, Ensemble Art d'Echo
Label: Querstand (Klassik Center Kassel)
Veröffentlichung: 7. Oktober 2020
Preis: 19,99 Euro

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