Den Tod ins Leben lassen
Körber Stiftung
Den Tod ins Leben lassen
16.12.2021

Der Tod gehört zum Leben, das wissen wir alle - und doch verdrängen wir das Thema lieber aus unserem Alltag. Selbst Friedhöfe, einst die Orte, an denen sich Hinterbliebene zum Gedenken versammelten, schrumpfen stetig. Der aktuelle Bestattungstrend ist, sich als Asche im Wasser verteilen lassen. Das kostet weniger, und die Nachkommen müssen sich nicht kümmern.

Tim Wegner

Dorothea Heintze

Dorothea Heintze ist Journalistin und Moderatorin. Viele Jahre war sie als Redakteurin bei chrismon angestellt, dort auch verantwortlich für die Website. Mittlerweile ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Stadtentwicklung und nachhaltige Ernährung. Für chrismon schreibt sie die Wohnlage und betreut die die Projektseite und die Webinare. Sie moderiert zusammen mit Thomas Sampl von der Hobenköök in Hamburg den Hobenschnack und beschäftigt sich seit Jahren auch ehrenamtlich immer wieder mit der Frage: Wie wollen wir als Gesellschaft zusammenleben? Sie ist Autorin mehrerer Hamburg-Reiseführer und engagiert sich als Gründungsmitglied von ProQuote Medien für mehr Frauen an der Spitze in den deutschen Medien.

Die Körber-Stiftung in Hamburg möchte das Thema Tod und Sterben wieder mehr in den Alltag zurückholen. "Dialog mit dem Ende" lautete der Titel einer Ausstellung von 2019, die jedoch, pandemiebedingt, nicht wie geplant auf Wanderschaft durch ganz Deutschland gehen konnte.

Statt der Wanderausstellung gibt es jetzt die wie eine App gestaltete Webseite "Der letzte Tag". Nach der Anmeldung kann man sich einloggen und eine Reihe von Fragen beantworten: Wann willst Du geweckt werden an Deinem letzten Tag? Was frühstücken? Anziehen? Wen noch anrufen, grüßen, wohin noch einmal fahren?

Was sich teilweise eher lachhaft anhört, entwickelt beim Beantworten einen merkwürdigen Sog. Ja, wen will ich denn noch einmal anrufen? Wen das letzte Mal sehen? Was zum letzten Mal essen? Welche Musik beim Sterben hören? Und habe ich noch eine offene Frage?

Der namenlose Schrecken wird etwas kleiner

Wenn alle Fragen beantwortet sind, lässt sich die Seite leicht teilen. Die Erfahrung von Menschen, die sich viel mit dem Thema beschäftigen, zeigt: Wer einmal anfängt, über seinen Tod nachzudenken, möchte gern auch mit anderen darüber sprechen. Der namenlose Schrecken wird dadurch etwas kleiner.

Seit dem Launch im Oktober 2021 haben bereits über 1000 Nutzer*innen auf die Web-App zugegriffen.

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Wenn man sich so gut am Tag des Tages für die nächsten Stunden vorbereiten kann, ist das eine so grosse Ausnahme wie ein Abschiedsbrief. Es kann nicht das Ziel sein, sich nach dem Abschied über die schönen Kränze zu freuen. Ziel kann nur sein, die letzten Tage und Stunden ohne Sorgen und in innerer Harmonie zu verbringen, auch wenn diese "Wohltat" sehr kurzlebig ist. Aber auch der, den es durch einen Unfall dahinrafft, hat keine Nachteile mangels Vorbereitung. Er hinterlässt nur unsägliche Trauer und Verzweiflung. Aber für die gut vorbereitet noch Lebenden ist es eine Zufriedenheit zu wissen, dass sie alles getan haben, den Abschied würdevoll begleitet zu haben. Und nur diese Gefühl überlebt so wie es vorher gedacht und geplant wurde. Wir haben unsere Eltern bis kurz vorher mit in den Badeurlaub genommen. Deren Dankbarkeit ist für uns der schönste Lohn.
Leo

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