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Netz-Kulturtipp - "Siedeln auf hoher See"
Der Traum ist fast so alt wie die Menschheit: Auf den Weiten der Weltmeere einen idealen Staat errichten. Je nach Epoche – ein Staat ohne Herrschaft, ohne Privatbesitz, ohne Kriege. Schon griechische Götter erzogen ihre Kinder angeblich auf dem Ozean, dem utopischen Schriftsteller Jules Verne war sowieso die Erde zu klein und in den rebellischen 1960er Jahren gab es in Europa den Versuch, eine freie Republik im Mittelmeer zu gründen.
Die neuen Siedler, die Tom Schimmeck jetzt in Panama besuchte, sind keine Revolutionäre, sondern Computerfreaks. Sie haben ein Vermögen mit Bitcoins verdient und träumen davon – typisches Silicon-Valley-Sprech – die Regierungsführung zu "disrupten". Als sei die Demokratie ein Start-up, das man eben neu erfinden kann wie die Reisebranche oder das Maklergewerbe. Eine Art "Arche Noah mit Wall-Street-Sauce" drüber, wie ein Kritiker spottet.
Auch diese Utopie scheitert nicht komplett
Im Jahr 2020, in dem fast alles andere am Boden liegt, sind sie vom typisch kalifornischen Optimismus getrieben, kaufen ein coronabedingt billiges Kreuzfahrtschiff und haben große Pläne. Es sei hier nicht gespoilert – aber Anfang 2021 werden die großen Träume einem Reality-Check unterworfen. Macht nichts, die Bitcoins sprudeln ja weiter.
Wie alle Utopien ist auch diese nicht komplett gescheitert. Die Idee, die Weltmeere zu besiedeln, wird bleiben, man wird von der Lernkurve der "Seesiedler" profitieren.
Was für ein wunderbares Feature, so wie Radio sein soll: Mit O-Tönen, Atmo, echter Recherche. Eine Wohltat, nach einer ganzen Serie von Podcasts, die in der ARD-Audiothek leider an manchen Tagen die Mehrzahl darstellen. Nichts gegen kluges Podcast-Geplauder, aber Radio kann eben so viel mehr.
"Siedeln auf hoher See - der Traum vom staatenlosen Leben"
Ein Kultur-Feature von Tom Schimmeck, WDR 2021
ARD Audiothek
Dauer: 54 Minuten
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