Capernaum
Alamode Film
"Capernaum - Stadt der Hoffnung"
14.01.2019

Zain lebt mit seiner Familie in einem Slum von Beirut. Eigentlich existiert er gar nicht: Er weiß nicht genau, wann er geboren wurde, hat keine Papiere und geht
nicht zur Schule, sondern erledigt kleine Jobs. Seine Eltern sind bitterarm; sie halten sich und die Kinder über Wasser, indem sie Drogen ins Gefängnis schmuggeln. Als sie Zains elfjährige Schwester an einen sehr viel älteren Kleinhändler verheiraten – für ein paar Hühner – reißt der verzweifelte Junge aus. Auf einem Jahrmarkt lernt er die Äthiopierin Rahil kennen. Sie hat keinen legalen Aufenthaltsstatus im Libanon und ist allein mit ihrem Baby. Obwohl sie genug eigene Probleme hat, nimmt sie Zain in ihrer winzigen provisorischen Unterkunft auf. Während Rahil ihrer Arbeit als Putzkraft nachgeht, passt Zain auf den Kleinen auf. Von Rahil erfährt er zum ersten Mal so etwas wie Zuwendung. Und dann verschwindet die junge Frau.

Nadine Labakis mehrfach ausgezeichneter Film "Capernaum – Stadt der Hoffnung" wäre als Sozialdrama unzureichend beschrieben. Schon die Rahmenhandlung, in der Zain vor Gericht Klage gegen seine Eltern führt – sie sollen keine Kinder mehr in die Welt setzen dürfen, weil sie sich nicht um die kümmern, die sie haben – gibt "Capernaum" etwas Exemplarisches und Parabelhaftes. Die Geschichte selbst entfaltet sich als ein Crescendo des Elends, erschütternd und erschreckend in ihrer Ausweglosigkeit. Zain ist einfallsreich und zäh, ein kleiner Überlebenskünstler. Aber er hat keine Chance, wenn die Not so groß ist, dass selbst ein Kinderleben in Naturalien berechnet wird. Auf den Spuren des jugendlichen Protagonisten kriecht die bewegliche Kamera in alle Winkel der Stadt, durch staubige Straßen, enge Behausungen und überfüllte Gefängnisse, über hektische Märkte und heruntergekommene Rummelplätze. So entsteht das Bild einer überforderten Gesellschaft, das Porträt eines Landes, das im Kreuzfeuer der internationalen Politik buchstäblich
aufgerieben wird.

© Alamode Film

Produktion: Michel Merkt, Khaled Mouzanar, Libanon 2018

Regie: Nadine Labaki

Drehbuch: Nadine Labaki, Jihad Hojaily,Michelle Keserwany

Kamera: Christopher Aoun

Schnitt: Konstantin Bock

Darsteller: Zain Al Rafeea, Yordanos Shiferaw, Kawsar Al Haddad

Dauer: 121 Min.

Verleih: Alamode Film

Kinostart: 17.01.2019

 

Infobox

Die Jury der Evangelischen Filmarbeit ist ein unabhängiges Gremium. Evangelische Werke, Verbände und Einrichtungen benennen in vierjährigem Turnus die acht Mitglieder der Jury. Sie erfüllt ihren Auftrag im Rahmen des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik gGmbh. Sie hat bis heute über 750 Spiel- und lange Dokumentarfilme als Filme des Monats ausgezeichnet, die sich durch ihre herausragende Qualität zur Diskussion anbieten und Impulse zu verantwortlichem Handeln geben. Sie setzt damit Maßstäbe für eine anspruchsvolle Bewertung des jeweils aktuellen Kinoangebots.

Die Jury zeichnet Filme aus, die dem Zusammenleben der Menschen dienen, zur Überprüfung eigener Positionen, zur Wahrnehmung mitmenschlicher Verantwortung und zur Orientierung an der biblischen Botschaft beitragen. Sie berücksichtigt dabei die filmästhetische Gestaltung, den ethischen Gehalt und die thematische Bedeutsamkeit des Films. Keiner dieser Aspekte darf allein Ausschlag gebend sein; sie sollen vielmehr in ihrer wechselseitigen Beziehung bewertet werden. Zur Nominierung eines jeden Films veröffentlicht die Jury eine Begründung, die auch im Internet abgerufen werden kann.

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